Von Christina Meier, Erstveröffentlichung am 09.09.2024 - Die kleinen Isländer gehören – wie auch die norwegischen Fjordpferde (Norweger) und die turkmenischen Achal-Tekkiner – zu den ältesten reinrassigen Pferden überhaupt. Doch Islandponys überzeugen im Vergleich zu diesen und anderen Pferderassen mit einer fast einzigartigen Besonderheit. Neben den drei üblichen Gangarten Schritt, Trab und Galopp kennen Islandpferde nämlich noch zwei weitere Grundgänge: Tölt und Pass.
Rasse: Islandpferd (Isländer, Islandpony)
Typ: Warmblut
Gruppe: Kleinpferde
Stockmaß: 130 bis max. 150 cm
Gewicht: 300 bis 350 kg (selten bis zu 500 kg)
Lebenserwartung: 30 bis 40 Jahre
Typische Islandpferd Farben: Rappen, Braune, Füchse, Schimmel, Falben, Schecken
Charaktereigenschaften: intelligent, freundlich, gutmütig
Ursprung: Island
Besonderheiten:
- beherrscht vier bis fünf anstelle von drei Gangarten
- beliebtes Gelände- und Freizeitpferd
- darf, nachdem es Island einmal verlassen hat, nicht wieder nach Island importiert werden
Wusstest du, dass es Mitte des 9. Jahrhunderts die Wikinger waren, die die ersten Isländer – damals wohl Kreuzungen zwischen keltischen und germanischen Kleinpferderassen – nach Island brachten? Es ist heute beinahe unvorstellbar, dass diese tapferen Pferde womöglich tagelange Seereisen auf – aus heutiger Sicht primitiven – Schiffen mitmachten, bis sie in Island erstmals wieder festen Boden unter den Füßen bzw. Hufen spürten.
Der genetische Ursprung der Isländer dürfte vermutlich bei den kleinen Shetland Ponys und den etwas größeren Connemara Ponys zu finden sein. Damals gab es zahlreiche Typen von Wildpferden, die sich in freier Natur nach Lust und Laune vermehren konnten. Die natürliche Auslese sorgte dabei für besonders widerstandsfähige Tiere, die optimal an die rauen Bedingungen im kalten Norden angepasst waren.
Daher können Shettys und Islandponys auch heute noch gut draußen im Offenstall – oder eben in der freien Natur – überwintern. Sie legen sich während der kalten Jahreszeit ein besonders dichtes Winterfell zu, das sie vor Wind und Wetter schützt. In ihrer Heimat fressen diejenigen Isländer, die noch in halbwilden Herdenverbänden leben, den ganzen Winter über nichts anderes als Flechten, Baumrinden und Gras, das sie unter dem Schnee hervor scharren.
Die Menschen in Island sind echte Naturmenschen, die teilweise sogar noch an Elfen und Trolle glauben und vielerorts der Natur möglichst viel Raum lassen, ohne störend einzugreifen. So gibt es in Island „Places of Natural Spirits” und so manches Bauprojekt wird am Ende durch das Veto einer sogenannten „Elfenbeauftragten“ gecancelt. Besondere Plätze in der Natur gelten in Island nämlich als zu schützendes Kulturgut, welches nicht verändert oder zerstört werden darf.
Dieser Wunsch, die ursprüngliche Natur zu erhalten, schließt die Islandpferde natürlich mit ein. Denn die kleinen Islandponys sind auch Teil der zu erhaltenden isländischen Kultur und des Lebens der dort ansässigen Menschen. Diese waren bis vor nicht allzu langer Zeit auf die Mithilfe der robusten Ponys angewiesen und entwickelten daher eine ganz besonders innige Beziehung zu ihren vierbeinigen Isländern.
Erst ab dem 19. Jahrhundert wurden die ersten Islandpferde auch außerhalb der Insel verkauft – damals vor allem nach Großbritannien. Aber mit der Zeit schafften die kleinen Tölter mit der Wuschelmähne das, woran die Wikinger in grauer Vorzeit gescheitert waren. Islandpferde eroberten die Herzen unzähliger Menschen rund um den Globus – und damit eroberten sie die ganze Welt auf eine friedliche Weise.
Aufgrund ihrer ausgesprochenen Gutmütigkeit sind die robusten Islandponys beliebte Reitponys – sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Wenn du so ein geduldiges und ruhiges Islandpferd im Umgang mit Kindern beobachtest, weißt du, warum Isländer auch gern für heilpädagogisches oder therapeutisches Reiten eingesetzt werden. Aber die fleißigen kleinen Pferde sind auch als Freizeitkameraden optimal geeignet. Sie gehen mit dir durch Dick und Dünn und sind trittsichere Geländepferde, die so schnell nichts aus der Ruhe bringt.
Daher können auch schon Anfänger oder kleine Kinder Isländer reiten. Ich werde öfters mal gefragt, welches Gewicht Isländer tragen können. Trotz ihrer geringen Größe können viele Islandpferde Reiter bis zu 90 Kilogramm tragen, weil sie über einen starken Knochenbau verfügen. Außerdem kannst du auch als Erwachsener mit einem Isländer auf Turnieren antreten. Es gibt nämlich spezielle Isländer Turniere und Prüfungen, bei denen hauptsächlich die Spezialgangarten Tölt und Pass bewertet werden.
Islandpferde gehören zu den Gangpferden, denn statt der üblichen drei Gangarten überraschen die Isländer gleich mit 5 unterschiedlichen Gängen:
• Schritt
• Trab
• Galopp
• Tölt und
• Pass bzw. Rennpass
Der Tölt der Isländer ist übrigens ursprünglich aufgrund einer genetischen Mutation entstanden. Bei dieser Fußfolge berühren die Hufe eines Pferdes im Verhältnis zu anderen Gangarten den Boden nur für sehr kurze Zeit. Dadurch haben Tölter den klassischen Dreigängern gegenüber einen deutlichen Vorteil auf Untergründen wie tiefem Sand, Sumpf oder Tiefschnee.
Bei Islandpferden wurde diese Mutation über zahlreiche Generationen hinweg weitervererbt, weil sie den Tieren in den unwirtlichen Verhältnissen ihrer Heimat einen Überlebensvorteil sicherte. Aufgrund der kargen Lebensbedingungen und der geografischen Lage der Insel wurden Jahrhunderte lang keine fremden Pferderassen nach Island importiert. Deshalb spricht man bei Isländern von einer „Reinzucht“.
Mittlerweile ist der Tölt bei Islandponys genetisch so stark verankert, dass du kaum einen Dreigänger in dieser Rasse finden wirst. Natürlich haben die zweibeinigen Isländer dazu beigetragen, diese Gangart in ihrer Zucht zu fördern. Immerhin sitzt du beim Tölten besonders angenehm und hast manchmal sogar das Gefühl, regelrecht zu schweben.
Beim Tölt handelt es sich um eine Gangart im Viertakt, die an einen schnellen Schritt erinnert. Doch im Gegensatz zum Schritt hat das Pferd beim Tölten abwechselnd einmal einen und dann wieder zwei Hufe am Boden. Obwohl der Tölt eine schnelle Gangart ist, kommt es dabei zu keiner Schwebephase wie beispielsweise im Galopp.
Seit mehreren Jahrzehnten gibt es auch im deutschsprachigen Raum töltende Pferde. Für Reitunterricht auf Islandpferden musst du also nicht bis nach Island reisen. Einfach unbedarft auf einem Islandpferd drauflos zu reiten, wenn du vorher noch nie auf einem Isländer gesessen hast, ist aber nicht besonders empfehlenswert. Auch wenn es so einfach aussieht: Gangpferde reiten sollte gelernt sein – am besten unter fachkundiger Anleitung eines erfahrenen Reitlehrers, der sich mit Spezialgangarten auskennt.
Falls kein Reitunterricht auf Isländern in der Nähe deines Wohnorts angeboten wird, kannst du auch einen Reiturlaub auf einem Ponyhof mit Islandpferden buchen. Das ist bestimmt ein tolles Erlebnis und wahrscheinlich wirst du anschließend zum Gangpferde-Fan. Wenn du aber schon etwas Erfahrung im Reiten von Gangpferden hast, ist ein Wanderritt mit Islandpferden vielleicht eine gute Idee, um diese faszinierende Rasse näher kennen zu lernen.
Da das Tölten aufgrund einer genetischen Mutation entstanden ist, kommt es noch heute vereinzelt auch bei anderen Pferderassen vor. So gibt es neben den isländischen Pferden seit langer Zeit auch in Griechenland töltende Pferde: die Arravanis. Sogar bei bis zu 60 Prozent der griechischen Pferde sollen sowohl Tölt als auch Pass als zusätzliche Gangarten vorkommen. Damit scheinen Tölt und Rennpass auch nicht auf einen bestimmten Erdteil beschränkt zu sein, sondern tatsächlich in der Natur aller Pferde zu liegen.
Bei viele Pferderassen haben sich diese beiden zusätzlichen Gangarten Tölt und Rennpass im Laufe der Zeit jedoch nicht durchgesetzt. Andere Pferderassen haben diese Fähigkeit wiederum an ihre Nachkommen weitervererbt. Daher gehören neben den Isländern und den griechischen Arravanis auch einige mongolische Urpferde, der Paso Fino, der Paso Peruano sowie Deutschlands „jüngste Traberrasse“ und einige amerikanische Pferderassen zu den Gangpferden.
Krankheiten treten vor allem dann auf, wenn Pferde nicht artgerecht gehalten werden. Unpassende Haltungsbedingungen oder für Isländer fremdartige Futtermittel sind nicht selten die Ursache für Krankheiten, die in ihrer Ursprungsheimat eher unbekannt sind. Denn das Importverbot auf Island schützt Isländer vor vielen Krankheiten.
Anders sieht dies natürlich auf dem europäischen Festland aus. Hier ergeht es so manchem Isländer wie damals den amerikanischen Ureinwohnern, die mit dem Eindringen der Europäer plötzlich bis dahin fremden Krankheitserregern ausgesetzt waren. So können bei importierten Islandpferden vermehrt Hufrehe und Spat, das im Sommer auftretende und stark juckende Sommerekzem und sogar COPD auftreten.
Das milde Klima in unseren Breiten bringt es mit sich, dass Kriebelmücken, Gnitzen und andere Insekten auf unseren Weiden ihr Unwesen treiben. Das sind Probleme, die das kühlere Island trotz Klimawandel bisher noch nicht kennt. Auch die Luft ist bei uns wesentlich mehr mit Schadstoffen und Feinstaub belastet als in dem minimal besiedelten Island mit seinen weiten Wiesen, Feldern und kargen Berglandschaften.
Wie alt werden Islandpferde?
In der Regel können diese robusten Pferde bis zu 40 Jahre alt werden.
Kann ein Isländer 90 kg tragen?
Die früher als Arbeits- und Lastentiere verwendeten Ponys können ein Gewicht zwischen 80 und 90 kg tragen. Mehr sollte diesen robusten Pferden jedoch nicht zugemutet werden.
Sind Isländer für Anfänger geeignet?
Anfänger sollten bei einem erfahrenen Trainer oder Reitlehrer Unterricht im Tölten nehmen, damit das Reiten auf einem Isländer zu einer schönen und unvergesslichen Erfahrung wird.
Sind Isländer leicht zu reiten?
Wenn ein Isländer „sauber“ töltet, macht auch hier Übung den Meister. Je öfter du auf einem Isländer reitest, desto leichter fällt dir das Reiten der zusätzlichen Gangarten auf diesen einzigartigen Pferden.
Was ist das richtige Alter, um einen Isländer einzureiten?
Islandpferde werden recht spät ausgebildet und eingeritten, weil sie extrem spätreif sind. Meist beginnt man mit den ersten Vorbereitungen zum Einreiten im fünften oder sechsten Lebensjahr.
Wieviel kostet ein Isländer?
Der Preis für einen Isländer variiert je nach Ausbildungsstand, Alter, Gesundheitszustand und weiteren Faktoren. Ein Wallach ist verhältnismäßig günstiger als ein eingetragener Hengst oder eine Stute, die für die Zucht verwendet werden kann. Die Preisspanne liegt oftmals zwischen 8.000 und 18.000 Euro. Es gibt aber auch Isländer, die für weniger oder mehr verkauft werden.
Pferd ist nicht gleich Pferd – das merkst du spätestens, wenn du dich näher mit den gutmütigen Isländern befasst. Denn sie sind unglaublich vielseitig. Sie eignen sich, je nach Charakter, als
• Freizeitpferde
• Turnierpferde
• Therapiepferde
• Gangartpferde
• Trekkingpferde
Aufgrund ihres Pony-Exterieurs und ihres geringen Stockmaßes eignen Islandponys sich wohl weniger für Reiter, die bei einem Publikum Eindruck schinden möchten. Dafür sind sie aber die zuverlässigsten Kameraden, die sich ein Reiter wünschen kann. Ein Isländer geht mit dir durch Dick und Dünn.
Quellenangaben:
https://igv-online.de/die-grosse-welt-der-gangpferde/islandpferde-pferde-aus-feuer-und-eis/
https://www.trabland.de/pferderassen/islandpferde
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Islandpferd
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