Von Christin, Erstveröffentlichung am 05.10.2022 - Hinter dem Begriff Bodenarbeit verbergen sich verschiedene Aktivitäten mit dem Pferd, die vom Boden aus erfolgen. „Vom Boden aus“ bedeutet, dass der Reiter nicht auf dem Pferderücken sitzt, sondern neben dem Pferd, am Boden stehend, arbeitet.
Neben dem Aufbau einer guten Kommunikation bildet die Bodenarbeit auch die Grundlage der Pferdeausbildung und stärkt die Muskulatur. Zudem wird mit Bodentraining das Vertrauen zwischen Pferd und Mensch gefördert.
Was die Basics der Bodenarbeit sind, warum die Arbeit vom Boden aus so wichtig ist, welche Aktivitäten eine gute Alternative zum Reiten und welche Übungen dabei empfehlenswert sind, erläutern die folgenden Abschnitte.
Die Bodenarbeit kann individuell und sehr abwechslungsreich gestaltet werden. Ziele können Muskelaufbau, Balanceförderung, Kommunikationsaufbau, Konzentrationstraining, Sensibilitätsstärkung oder Vertrauensaufbau sein.
Viele Reiter suchen nach Abwechslung und möchten mit der Zeit auch auf andere Weise mit ihrem Pferd arbeiten. Zudem gibt es Pferde, die aus verschiedenen Gründen nicht geritten werden können.
Bodenarbeit ist in jedem Fall eine Möglichkeit, das Pferd sinnvoll zu beschäftigen. Besonders beliebt sind in diesem Rahmen die Longenarbeit, die Freiheitsdressur und das Horse-Agility.
Während der Bodenarbeit begegnen sich Pferd und Reiter auf Augenhöhe, was Respekt und Vertrauen schaffen soll. Dabei wird zwischen verschiedenen Arten der Bodenarbeit unterschieden:
Das Führtraining bildet die Grundlage aller Arbeiten vom Boden aus und ist zudem relevant für den täglichen Umgang. Nur wer sein Pferd kontrolliert führen kann, wird im Gegenzug mit Respekt und Achtung behandelt.
Beim Führtraining ist der Reiter mit Handschuhen und gegeben falls einer Gerte ausgestattet. Zudem ist festes Schuhwerk unerlässlich. Das Pferd sollte immer an einer fest vorgegeben Position geführt werden. Hierbei gilt, dass man das Pferd immer noch gut im Augenwinkel beobachten sollte.
Die Position des Pferdekopfes kann vor oder parallel zur Schulter des Menschen sein, andere Techniken gehen davon aus, dass der Reiter an der Schulter des Pferdes führt. Die korrekte Position ist vom Reiter-Pferd-Paar abhängig.
Im Führtraining kann man die richtige Führposition finden und im Schritt und Trab üben. Zusätzlich ist das Anhalten und Rückwärtsrichten ein wichtiger Bestandteil des Führtrainings.
Eine gute Führarbeit wird täglich im Alltag benötigt, insbesondere aber auch in aufregenderen Situationen wie z.B. das Vortraben beim Tierarzt oder Hufschmied. Auch das hinterher gehen lassen des Pferdes am lockeren Strick will geübt sein, um mit dem Pferd durch Engstellen hindurch gehen zu können. Dabei gilt, dass der Reiter immer zuerst durch die Engstelle geht.
Mit dem Führtraining kann auch schon in der Jungpferdeausbildung begonnen werden.
Unter der Longenarbeit versteht man das Bewegen des Pferdes an einer Longe (einer Art Seil), welches an der Ausrüstung des Pferdes am Kopf befestigt wird.
Das Longieren erfolgt meistens auf einer Kreislinie um den Reiter herum. Die Longe muss aus festem, griffigem Material bestehen und sollte dem Reiter nicht durch die Hand rutschen. Aus Sicherheitsgründen sind Handschuhe empfehlenswert, um Verbrennungen an der Haut vorzubeugen, sollte sich das Pferd losreißen.
Bei der Longenarbeit nimmt der Reiter, ähnlich wie beim Führtraining, eine feste Position ein. Er rahmt das Pferd mit Longe und Longiergerte ein. Das Pferd ist mit einem Kappzaum, einem Halfer oder einer Trense ausgerüstet, damit die Longe sicher angebracht werden kann. Zusätzlich kann das Pferd mit Huf- und Beinschutz ausgestattet sein. An der einfachen Longe oder einer Doppellonge kann ein Pferd optimal bewegt werden, ohne dabei das zusätzliche Reitergewicht tragen zu müssen.
Eine Doppellonge hat zwei einfache Longen, die meistens als ein Stück zusammen gesetzt sind. Eine Doppellonge richtig zu verschnallen und zu führen bedarf Übung und Ausbildung von Reiter und Pferd.
Bei der Longenarbeit kann die Muskulatur schonend aufgebaut werden. Verschiedene Ausbilder bieten spezielle Intervallmethoden für die Longenarbeit an oder kombinieren sie mit der Handarbeit. An der Longe kann das Pferd in allen Gangarten trainiert werden.
Bei dieser Art des Bodentrainings können neue und sogar komplexe Bewegungsmuster, zum Beispiel Seitengänge, erlernt werden, ohne die Belastung des Reitergewichts. Dies ist wichtig für das Erlernen höchster Dressur-Lektionen und das Erlernen der Versammlungsfähigkeit.
Bei der Handarbeit geht der Trainer neben dem Pferd, etwas auf Höhe der Schulter. Das Pferd ist klassisch mit einer Trense ausgestattet. Die Handarbeit kann jedoch auch gebisslos am Kappzaum durchgeführt werden.
Zum Bodentraining gehört auch die Arbeit am langen Zügel, bei der ohne das zusätzliche Reitergewicht höchste Dressur-Lektionen geschult werden können. Dabei geht der Trainer an einem langen Zügel schräg hinter dem Pferd her. Eine sichere Vertrauensbasis zum Pferd ist hiervon von Nöten. Der Reiter sollte seinem Pferd vertrauen können und andersherum.
Die Position wird seitlich an der Kruppe des Pferdes eingenommen. Das Pferd muss diese neue Position des Reiters verstehen und akzeptieren. Wie beim Führtraining muss diese Grundposition in Ruhe geübt werden.
Mögliche Übungen für den Einstieg können Übergänge aus dem Schritt zum Halt sein, Volten für das Üben von Stellung und Biegung und das Führen des Pferdes in der Grundposition auf den verschiedenen Bahnfiguren.
Am Langzügel können die Pferde bis zu den hohen Lektionen ausgebildet werden, ohne dass sie vom Reiter auf ihrem Rücken beeinflusst werden. Die Pferde können in allen Grundgangarten oder in einigen anderen Gangarten wie z.B. dem Tölt, am Langzügel gearbeitet werden.
Erste Schritte bei der Bodenarbeit beinhalten als Grundlage das Führen des Pferdes am Strick. Dabei wird dem Pferd zunächst ein Halfter mit Führstrick angelegt. Anschließend wird sowohl das Stehenbleiben auf Kommando sowie das Folgen auf Kommando geübt.
Weitere Schritte sind das Zurückgehen und auch das Seitwärtsrichten. Bevor das Pferd die Kommandos nicht verinnerlicht hat oder sich generell nicht gehorsam am Strick führen lässt, machen weitere Übungen nur wenig Sinn. Deshalb sind hier viel Geduld und mehrere Wiederholungen gefragt.
Parcoursarbeit
Sobald die Grundkenntnisse sitzen, kann zum Beispiel ein Parcours mit verschiedenen Stationen gebaut werden, die Pferd und Mensch gemeinsam meistern müssen. Hier ein klassisches Beispiel mit vier Stationen:
Abwechslungsreiche Longierarbeit
Das Longieren ist die wohl beliebteste Form der Bodenarbeit mit Pferd und ermöglicht dem Menschen, die Bewegungen des Pferdes genau zu beobachten. Es dient der Ausgleichsgymnastik und kann für mehr Abwechslung und zur Freude des Pferdes mit Cavalettis oder Bodenstangen kombiniert werden.
Die Kombination mit Bodenstangen oder Cavalettis schult das Gleichgewicht des Pferdes, kräftigt die Muskulatur und schafft Abwechslung. Aber auch das Longieren um Pylonen, durch Gassen oder nach verschiedene Intervallmethoden trägt zur Pferdegesundheit bei.
Freiheitsdressur und Zirkuslektionen
Die Freiheitsdressur und Zirkuslektionen kann individuell gestaltet werden und bietet abwechslungsreiche Übungsmöglichkeiten zur Förderung von Konzentration und Motorik. Tolle Beispiele sind hier:
In jedem Fall sollten vor der Freiheitsdressur die Grundlage in der Führtechnik erlernt worden sein. Mit der Freiheitsdressur sollte vorzugsweise auf einem fest umzäunten Platz begonnen werden. Verschiedene Ausbildungswege wie z.B. das Clickertraining eigenen sich, um mit den Zirkuslektionen zu beginnen.
Der Umgang mit einem Pferd sollte stets von Harmonie geprägt sein und auf Respekt und Vertrauen aufgebaut sein. Zudem sollte das Pferd gewisse Grundlagen kennen und verinnerlicht haben, welche die Sicherheit beim Reiten oder auch beim Kutsche fahren gewährleisten. Dabei spielen weder die Pferderassen, noch der jeweilige Reitsport eine Rolle.
Diese Grundlagen können mit Bodenarbeit erlernt und gefestigt werden, sind also essenziell für die Pferdeausbildung beziehungsweise den Beritt. Auch die Bindung zwischen Pferd und Reiter können mit der Arbeit am Boden gestärkt werden. Auf diese Weise können sogar Kommunikations- und Vertrauensprobleme behoben werden.
Ein weiterer, entscheidender Punkt für Bodenarbeit mit Pferd ist die Lockerung und der Aufbau von Muskulatur sowie die Dehnung von Sehnen und Bändern. Dies bildet die Grundlage zum Erlernen anspruchsvoller Lektionen mit geringem Verletzungsrisiko, vor allem im Dressurbereich.
Bodenarbeit mit Pferd ist der Grundstein für effektives Muskeltraining, insbesondere die Arbeit an der Longe. Denn fehlende Muskulatur äußert sich durch einen steifen Gang, Druckempfindlichkeit im Rücken und Lustlosigkeit bei der Arbeit.
Bereits nach wenigen Wochen gewöhnen sich die Bauchmuskeln an eine längere Belastung, dennoch dauert der gesamte Aufbau mehrere Monate bis Jahre. Dabei sind zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche völlig ausreichend. Dehnübungen sollten genutzt werden, um die Muskulatur zu lockern.
Reitanfänger profitieren stark von der Bodenarbeit mit Pferd, da sie dabei das Gefühl für den richtigen Umgang lernen und zudem eine solide Vertrauensbasis aufbauen. Der Reitanfänger lernt viel über den Bewegungsablauf und das Verhaltend des Pferdes und lernt beides richtig einzuschätzen. Zu Beginn kann mit dem Freilaufen lassen des Pferdes begonnen werden.
Wer mit seinem eigenen Pferd am Boden arbeiten möchte, aber in diesem Bereich noch keine Erfahrungen sammeln konnte, kann zudem einen Kurs in Bodenarbeit mit Pferd belegen. Diese werden in vielen Reitställen angeboten und von erfahrenen Reitern angeleitet. In diesem Rahmen werden von Profis auch Beritt-Korrekturen oder die Behandlung von sogenannten "Problempferden" angeboten.
Da Bodenarbeit mit Pferd die Grundlage für die Pferdeausbildung bildet, ist sie unerlässlich bei der Arbeit mit Fohlen und Jungpferden. Bereits im Fohlenalter ist ein Führtraining wichtig.
Mit zunehmendem Alter können Anti-Schreck- und Verladetraining durchgeführt werden, die in der freien Arbeit am Boden und der Longenarbeit münden.
Natürlich sollten Jungpferde hier noch nicht überfordert werden, um bleibende Schäden an Sehnen, Bändern oder der Muskulatur zu vermeiden.
Die Bodenarbeit mit Pferd bildet die Grundlage der Pferdeausbildung und kann in Form des Führtrainings bereits im Fohlenalter Anwendung finden.
Aber auch für erwachsene Pferde ist die Bodenarbeit eine willkommene Abwechslung und trainiert dabei die Konzentrations- und Balancefähigkeit. Zusätzlich werden Vertrauen und eine gute Kommunikation aufgebaut sowie Sensibilität und Muskulatur gestärkt.
Bodenarbeit kann individuell gestaltet werden, sollte aber in jedem Fall Spaß machen und ohne Zwang erfolgen.