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Equikinetic | Stangenarbeit einmal anders

zuletzt aktualisiert 11.09.2024
Zeichnung eines braunen Pferdes das durch Gassen in einem Viereck aus blauen und gelben Balken läuft
Foto © trabland-Peter Schmitz.com
Inhaltsverzeichnis

Von Claudia Becker, Erstveröffentlichung am 08.12.2023Equikinetic ist ein von dem Pferdetrainer Michael Geitner entwickeltes Muskelaufbauprogramm. Es vereint Elemente des Intervalltrainings mit dem Longieren durch Dualgassen. Das Training basiert auf dem isokinetischen Prinzip, bei dem das Bewegungstempo eine Rolle spielt. Das Geniale an dieser Methode ist, dass in der Regel nur wenige Minuten Training ausreichen, um binnen kurzer Zeit große Erfolge zu erzielen. Schon nach etwa drei Monaten bewegen sich viele Pferde lockerer. Sie zeigen ein ausbalancierteres Gangbild und weisen eine gleichmäßigere, kräftigere und allgemein bessere Bemuskelung auf.

 

Wer erfand die Equikinetic?

Wie bereits erwähnt, ist Michael Geitner der Erfinder von Equikinetic. Es handelt sich hierbei um einen der beliebtesten Pferdetrainer Deutschlands. Er wuchs auf einer Westernranch auf, verfasste verschiedene Fachbücher und entwickelte mehrere Trainingsprogramme, unter anderem „Be strict!“, „Dual-Aktivierung“ und „EquiClassic-Work“. Geitner setzt auf einfache und effektive Methoden und kommt so den Bedürfnissen von Reiter und Pferd entgegen.

Was ist Equikinetic und was bewirkt sie?

Equikinetic zielt in erster Linie darauf ab, die Muskeln zu trainieren. Die Muskeln ermöglichen die Bewegung und stützen den Skelettapparat. Befindet sich die Muskulatur im Ungleichgewicht, ist sie verkürzt oder unzureichend vorhanden, dann begünstigt das Haltungsschäden. Auch eine falsch oder zu wenig belastete Muskulatur beeinträchtigt die Gesundheit. Im schlimmsten Fall drohen irreparable Schäden, zum Beispiel Arthrosen, die letztendlich die Reitbarkeit einschränken oder unmöglich machen. Um das zu verhindern, gibt es die Equikinetic. Sie fördert den Muskelaufbau an den passenden Stellen und hilft beim Geraderichten des Pferdes.

Bei der Equikinetic spannt das Pferd bestimmte Muskelgruppen für einen begrenzten Zeitraum gleichmäßig stark an. Es ist wichtig, die Muskeln nicht unterschiedlich lange, sondern immer gleich zu belasten. Das geschieht mithilfe eines intensiven und hocheffizienten Trainings. Dieses eignet sich für jede Reitweise, für Sport- und Freizeitpferde, Jungpferde und Tiere in der Reha.

Equikinetic - Gut für die Balance

Neben einer gesunden Muskulatur fördert die Equikinetic den Gleichgewichtssinn. Viele Pferde geraten rasch aus der Balance, häufig auch deshalb, weil sie einen unausbalancierten Reiter auf ihrem Rücken tragen. Um sich aus der unangenehmen Lage zu befreien, gehen manche Tiere durch, andere buckeln oder laufen kaum vorwärts. Die Equikinetic verhilft diesen Pferden zu einer deutlich besseren Balance. Sie lernen, sicher auf der Kreislinie zu laufen und genießen dabei das Gefühl, trotz räumlicher Begrenzung fluchtfähig zu bleiben. Das sorgt für mehr Ausgeglichenheit und Selbstbewusstsein.

 

Welche Pferde profitieren von der Equikinetic?

An und für sich bringt das regelmäßige Training allen Pferden Vorteile. Allgemein stärkt Equikinetic die gelenkstützende Tiefenmuskulatur sowie die für die Bewegung relevanten Oberflächenmuskeln. Dadurch verbessert sich die Haltung und die Pferde gewinnen mehr Kraft, um den Reiter problemlos zu tragen. Die Equikinetic richtet das Pferd gerade und verbessert die Rittigkeit oft erheblich. Viele Pferde werden durchlässiger und nehmen die Hilfen besser an.

Durch die stärkere Muskulatur bewegt sich das Pferd effizienter. Es muss sich weniger anstrengen und ist dazu in der Lage, konzentrierter mitzuarbeiten. Die effektivere Muskelkoordination optimiert die Zusammenarbeit der einzelnen Muskelgruppen. Der Ausgleich der muskulären Dysbalancen perfektioniert den Muskeltonus und gestaltet die Bewegungsabläufe energiesparender.

Bei einigen Pferden, die an einer muskulären Dysbalance des Stütz- und Bewegungsapparats leiden, lindert die Equikinetic chronische Schmerzen. Schließlich eignet sich die Trainingsmethode auch für das Aufbautraining und die Rehabilitation nach Verletzungen und Erkrankungen.

Zeichnung eines braunen Pferdes das durch Gassen in einem Viereck aus blauen und gelben Balken läuft
Foto © trabland-Peter Schmitz.com

Wie ist das Equikinetic Training aufgebaut?

Bei der Equikinetic handelt es sich um ein einfach erlernbares Longierprogramm mit großem Nutzen. Der Trainer arbeitet das Pferd in einer Quadratvolte, in Biegung sowie dauerhafter Innenstellung. Im Idealfall ist das Tier mindestens so gestellt, dass sich das nach außen weisende Auge auf der Höhe des außenliegenden Buggelenks befindet. Das äußere Auge ist auf Höhe des inneren Buggelenks, wenn das Pferd die maximale Stellung erreicht.

Das Training findet in Zeitintervallen und mit häufigen Handwechseln statt. Das hierbei angewandte isokinetische Prinzip sorgt für eine gleichmäßige Anspannung der Muskelgruppen. „Iso“ bedeutet „gleich“, „kinesis“ ist die Bewegung.

Das Training setzt sich aus drei Grundelementen zusammen: der Quadratvolte, dem Tempo, und den Handwechseln. Da es sich bei der Equikinetic um ein Intervalltraining handelt, wechseln Belastungs- und Erholungsphasen ab, wobei in den Pausen aufgrund der kurzen Dauer keine vollständige Erholung des Körpers stattfindet. Dadurch verstärkt sich der Trainingsreiz.

Was ist eine Quadratvolte?

Der Trainer longiert die Pferde in einem vorgegebenen Rahmen. Mit den blau-gelben Schaumstoffbalken legt er eine Quadratvolte mit einem Durchmesser von etwa acht Metern an. Es entsteht ein quadratförmiger Weg, der dem Pferd das Geraderichten in einer korrekten Laufanatomie ermöglicht. Die meisten Pferde orientieren sich sehr schnell an den Balken. Der Rahmen gibt den Tieren Sicherheit.

Dank des vorgegebenen Laufrahmens schert das Pferd nicht mehr mit der Hinterhand aus, um seine natürliche Schiefe zu kompensieren. Es fällt nicht mehr auf die innere Schulter oder legt sich beim Laufen des engen Kreises schräg in die Kurve. Vielmehr belastet das Pferd sein inneres Hinterbein und stellt die Vorhand korrekt auf die Kreislinie ein. Somit kommt das Pferd mehr oder weniger gerade um die Kurve. Dadurch, dass die Hüfte leicht rotiert und sich das der Innenseite zugewandte Hinterbein beugt, tritt eine Aktivierung der Hinterhand ein und das Pferd benötigt mehr Kraft. Das fördert wiederum den Trainingseffekt.

Die richtige Geschwindigkeit in der Equikinetic

Beim Training ist das optimale Tempo sehr wichtig. Das Longieren erfolgt in einer dem jeweiligen Pferd angepassten Geschwindigkeit. Takt geht immer vor Tempo! Der Trainer longiert das Pferd am Anfang nur so schnell, wie es noch das Gleichgewicht halten kann. Gerät es aus dem Takt, dann verändert der Longenführer das Tempo.

Die Übung beginnt mit einem fleißigen, aber nicht zu flotten Schritt. Die Anzahl der Schritteinheiten hängt von der Verfassung des jeweiligen Pferdes ab. Rehapferde und solche, denen ein niedrigeres Tempo eher entspricht, absolvieren die Trainingseinheiten nur im Schritt. Die Equikinetic kräftigt die Muskulatur auch beim Schrittlaufen.

Bei Pferden, die eine schnellere Gangart vertragen, longiert man nach der Schrittphase in einem langsamen Trab. Dabei halten die meisten Pferde ihre Balance recht gut. Ist das Tempo zu schnell, dann geraten viele Tiere in Schieflage, um die Geschwindigkeit auszugleichen. Das wiederum erschwert das Geraderichten und belastet die Gelenke nur unnötig

Zeichnung eines braunen Pferdes das durch eine Gasse von blauen und gelben Balken geführt wird und sich leicht biegt
Foto © trabland-Peter Schmitz.com

Was bewirkt das Biegen bei der Equikinetic?

Die häufigen Handwechsel kommen unter anderem den Faszien zugute. Dabei handelt es sich um Bindegewebsstrukturen, die die Muskeln umhüllen. Bei mangelndem Training verkleben sie, was das Wachstum der darunterliegenden Muskulatur hemmt. Die Biegung bei der Equikinetic dehnt die Faszien und bringt sie in die passende Position. Infolgedessen kann der Muskel wachsen. Die körperliche Anstrengung tut ein Übriges, um die Muskulatur weiter zu stärken. Kurzum, durch die ungewohnte Arbeit bei der Equikinetic erhalten die Muskeln

Der Handwechsel in der Equikinetic

Charakteristisch für die Equikinetic sind häufige und regelmäßige Handwechsel. Dadurch findet ein beidseitig gleichmäßiges Training statt. Beim herkömmlichen Longieren und Reiten ist das oft anders, da jedes Pferd bekanntlich seine Schokoladenseite besitzt. Auf dieser läuft das Tier lieber, lockerer und besser. Das spürt auch der Reiter, weshalb er das Training überwiegend auf diese Seite beschränkt.

Den einfachsten Weg zu wählen, macht aber nicht immer Sinn. Ganz im Gegenteil, denn auf diese Weise erfolgt nur eine einseitige Stärkung der Muskulatur. Infolgedessen entsteht eine Dysbalance, die man bei der Equikinetic vermeiden möchte. Deshalb muss sich das Pferd bei dieser Trainingsmethode abwechselnd in beide Seiten biegen, nach innen stellen und ausbalancieren.

 

Das Equikinetic-Zeitsystem

Die Equikinetic verläuft nach einem straffen Trainingsplan mit drei Stufen. Die erste Stufe umfasst acht Arbeitseinheiten mit einer Dauer von 60 Sekunden und einer 30 bis 45 Sekunden währenden Pause. Der Handwechsel findet nach jeder Trainingsphase statt. Zur zweiten Stufe gehören zehn und zur dritten Stufe zwölf Arbeitseinheiten.

Wer mit der Equikinetic beginnt, fängt mit der ersten Stufe an und arbeitet sich allmählich zu den nächsten Stufen hoch. Vor allem am Anfang ist Geduld sehr wichtig. Lässt sich das Pferd nicht korrekt stellen oder verweigert es die Mitarbeit, dann ist es sinnvoll, mit leichten Impulsen zu arbeiten. Einen dauerhaften Zug an der Longe sollte man auf jeden Fall vermeiden.

Der Trainingsplan für Einsteiger umfasst acht Arbeitsphasen mit jeweils einer Minute. Das Pferd läuft 60 Sekunden in Biegung. Darauf folgt eine 30 bis 45 Sekunden dauernde Pause, in der es ohne Biegung und Stellung außerhalb der Quadratvolte im Schritt läuft. Betritt das Pferd nach der Pause wieder die Volte, dann wechselt es gleichzeitig die Hand.

Geübte Pferde absolvieren 16 Arbeitseinheiten mit jeweils 90 Sekunden. Da Equikinetic sehr anstrengend ist, sollte der Longenführer auf jeden Fall eine Überforderung vermeiden und im Zweifelsfall die Anzahl der Arbeitsphasen reduzieren. Nur ein gut ausbalanciertes und entsprechend konditioniertes Pferd tritt in die nächsthöhere Stufe ein.

Das Training läuft bei der Equikinetic immer nach dem oben beschriebenen Grundschema ab. Selbstverständlich ist es später möglich, die Übungen raffinierter zu gestalten und beispielsweise Hindernisse aus Schaumstoffbalken hinzuzufügen. Das Pferd muss dann zusätzlich über die niedrigen Hindernisse steigen.

Equikinetic: Teil der blau-gelben Trainingswelt

Die von Michael Geitner entwickelten Methoden sind Teil seiner blau-gelben Trainingswelt. Das liegt daran, dass die beim Training eingesetzten Dualgassen aus blau-gelben Schaumstoffbalken bestehen. Die Kombination aus Blau und Gelb fördert die Aufmerksamkeit des Pferdes und regt es zur konzentrierten Mitarbeit an.

Das hat einen guten Grund. Pferde besitzen eine andere Farbwahrnehmung als wir Menschen. Sie können viele Nuancen nicht so gut unterscheiden und die Farben wirken anders auf ihr Auge. Am besten sehen Pferde Gelb und Blau. Auch Grautöne nehmen sie gut wahr. Deshalb würde es weniger Sinn machen, die Pylonen und Balken rot, orange oder grün zu färben. Es ist also kein Zufall, dass bei der Equikinetic blau-gelbe Ausrüstungsgegenstände Verwendung finden, sondern das beruht auf einer gut durchdachten Taktik.

Zeichnung eine braunen Pferdes das durch Gassen aus Balken und Pylonen geführt wird
Foto © trabland-Peter Schmitz.com

Was für Ausrüstung benötigt man für Equikinetic?

Für die Equikinetic benötigt man, wie bereits erwähnt, mindestens acht Schaumstoffbalken und eine kurze Longe. Runde Holzbalken sind nicht zu empfehlen, weil diese wegrollen und das Pferd verletzen können. Die Schaumstoffbalken liegen sicher auf dem Boden und besitzen eine angenehm weiche und elastische Konsistenz.

Außerdem helfen Pylonen beim Aufbau und einigen Übungen. Es ist auch möglich, die äußere Begrenzung der Gasse mit mehreren Pylonen anstatt mit Balken zu setzen. Ein Kappzaum ist ebenfalls unerlässlich. Dieser sorgt für eine perfekte Stellung im Genick.

Eine Bogen- oder Touchierpeitsche gehört ebenso zur Ausstattung. Und zu guter Letzt fehlt noch der Zeitmesser, um die Trainingseinheit korrekt in mehrere Intervalle aufzuteilen. Hierfür eignet sich zum Beispiel der Intervalltimer von Gymboss sehr gut oder man nutzt eine App über das Smartphone.

Wo gibt es qualifizierte Equikinetic Trainer?

Michael Geitner bietet Interessierten die Chance, eine fundierte Ausbildung zu absolvieren. Die Schulung endet mit einer Prüfung. Viele Equikinetic-Trainer nehmen regelmäßig an Fortbildungen teil. Sie stehen mit Michael Geitner im regen Austausch und halten sich so auf dem Laufenden.

Die Trainer verteilen sich auf das gesamte Bundesgebiet und bieten in der Regel weitere Trainingsmethoden an, zum Beispiel die Dual-Aktivierung oder EquiClassic-Work. Viele von ihnen betreiben eine Reitschule oder arbeiten als Bereiter. Außerdem finden immer wieder mal Kurse an verschiedenen Orten statt.

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