Von Claudia Becker, veröffentlicht am 14.08.2024 - Eines vorweg: Die meisten Pferde in Deutschland sind zu dick. Ein paar Kilo mehr auf den Rippen schaden nicht. Dennoch macht es Sinn, das Gewicht deines Pferdes regelmäßig zu kontrollieren, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Es gibt verschiedene Ursachen dafür, dass dein Pferd Gewicht zulegt oder verliert. Starke Gewichtsschwankungen ohne erkenntlichen Grund sind immer ein Warnsignal. Ein Pferd mit Übergewicht ist anfälliger für Krankheiten wie Hufrehe. Hat dein Pferd Untergewicht, dann leidet seine Gesundheit ebenfalls.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Passen bei deinem Pferd Gewicht und Größe zusammen? Die Frage „Was wiegt ein Pferd?“ lässt sich gar nicht so leicht beantworten. Ob das Gewicht bei deinem Pferd optimal ist, hängt vom Typ und Alter ab. Vollblüter besitzen von Natur aus einen zierlicheren Körperbau. Sie wiegen weniger als ein Warm- oder Kaltblut mit dem gleichen Stockmaß. Bei schweren Rassen sind dickere Hälse und eine kräftige Kruppe normal. Eingefallene Flanken beim Pferd weisen auf eine Unterernährung hin.
Viele Reiter schätzen bei ihrem Pferd das Gewicht völlig falsch ein. Sie sind deshalb nicht dazu in der Lage, einer Über- oder Unterernährung rechtzeitig entgegenzuwirken und somit ernste Folgeerkrankungen zu vermeiden. Da selbst die Schätzungen von Experten oft nicht stimmen, erhalten viele Pferde im Krankheitsfall eine zu hohe oder niedrige Dosis Medikamente. Auch für die genaue Dosierung der Wurmkur ist es wichtig, das Gewicht des Pferdes zu kennen.
Die sicherste Methode, das Gewicht eines Pferdes zu ermitteln, ist das Wiegen. Hierfür gibt es die mobile Pferdewaage. Die Betreiber der mobilen Pferdewaage fahren von Stall zu Stall und wiegen dort die Pferde. Das kostet zwar Geld, du weißt dann aber ganz genau, was dein Pferd wiegt. Oft finden kostengünstigere Sammeltermine mit mehreren Pferden statt. Google im Internet nach „Pferdewaage“ und sieh, wer für deine Region zuständig ist. Vereinbare einen Termin.
Alternativ dazu hilft dir ein Gewichtsmaßband. Du misst den Brustumfang, indem du das Band hinter dem Widerrist anlegst und einmal an der Gurtlage straff um den Körper wickelst. Das Ergebnis ist zwar ungenau, aber wenn du den Brustumfang regelmäßig misst, stellst du schnell Veränderungen am Gewicht deines Pferdes fest. Oder du berechnest das Gewicht deines Pferdes mit einer Formel und erhältst ein Ergebnis, das Pi mal Daumen mit einer Abweichung von 20 Kilogramm nach oben oder unten stimmt.
So funktioniert die Ermittlung des Gewichts bei deinem Pferd über eine Formel: Du misst mit einem Maßband den Brustumfang in der Gurtlage und anschließend die Länge des Pferdekörpers vom Sitzbeinhöcker bis zur Spitze des Schultergelenks. Du rechnest dann Brustumfang mal Brustumfang mal Länge und teilst das Ergebnis durch 11.877. Oder du nutzt eine andere Formel und misst die Körperlänge von der Hinterhand bis zur Schulter. Du rechnest: Brustumfang mal Brustumfang mal Länge durch 8.717.
Dass Gewicht beim Pferd nicht alles ist, zeigt der Body Condition Score, kurz BCS genannt. Dieser basiert auf einer Doktorarbeit von Dr. Stephanie Schramme. Es geht darum, das Verhältnis von Fettmasse zu fettloser Masse abzuschätzen. Bei der Bestimmung des Body Condition Scores spielt die Beurteilung sichtbarer Fettdepots und der Muskulatur eine Rolle. Die Ansammlung von Unterhautfettgewebe entscheidet darüber, ob das Pferd zu dick ist. Ob ein Pferd zu dünn ist, zeigt der Verlust an Muskelmasse. Die Bewertung erfolgt nach diesem Punktesystem:
1 Punkt: extrem mager
2 Punkte: sehr dünn
3 Punkte: dünn
4 Punkte: etwas zu dünn
5 Punkte: normal
6 Punkte: etwas moppelig
7 Punkte: dick
8 Punkte: fett
9 Punkte: extrem fett
Die Beurteilung nimmt ein fachlich geschulter Experte vor. Dieser benötigt viel Erfahrung. Der Fettansatz spielt bei dieser Methode eine weitaus größere Rolle als das Gewicht des Pferdes. In die Bewertung fließen die Fettdepots an Mähnenkamm und Hals, an der Schulter und am Rücken, an Brust, Hüfte und Schweifansatz ein. Der BCS sagt viel über die Leistungsfähigkeit aus. Allgemein sind Pferde mit einem Body Condition Score von 5 am fittesten. Die Frage „Wie viel wiegt ein Pferd? ist zweitrangig.
Einmal angenommen, dein Pferd muss 50 kg abnehmen, dann ist das gar nicht so einfach. Viele Pferde mit Übergewicht sind leichtfuttrig und exzellente Futterverwerter. Zu diesem Pferdetyp gehören insbesondere Ponys, Haflinger, Tinker und Kaltblüter. Sie entziehen selbst geringen Mengen Heu ausreichend Nährstoffe. Getreidehaltiges Kraftfutter treibt das Gewicht in die Höhe und steigert das Risiko, an Hufrehe zu erkranken. Pferde mit Übergewicht benötigen faserreiches Futter mit wenig Kohlenhydraten und ausreichend Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen.
Leidet dein Pferd an Übergewicht, dann lass das Kraftfutter besser weg und gibt ihm nur Heu und Stroh. Die tägliche Gabe von Mineralfutter schützt vor einer Unterversorgung. Manche Pferde nehmen auch dann nicht ab, wenn sie nur Heu fressen. Die Raufutterration zu reduzieren, ist jedoch keine gute Idee, denn dein Pferd braucht die Ballaststoffe für seine Verdauung. Mische das Heu in diesem Fall mit einem Drittel Stroh. Auf diese Weise hält dein Pferd sein Gewicht langfristig.
Ich hatte schon viel mit dicken Pferden zu tun, beispielsweise mit Haflingern, Norikern und Schweren Warmblütern, eben genau mit den Typen, die zu Übergewicht neigen. Haflinger mit Hufrehe bekamen eine strenge Heu-Stroh-Diät. Doch dank ihres Stoffwechsels wären sie selbst dann kugelrund gewesen, wenn sie nur Papier gefressen hätten. Meiner Beobachtung nach lassen sich viele Hufrehefälle auf Bewegungsmangel zurückführen. Die Kombination von Übergewicht und langen Stehzeiten ist Gift. Regelmäßige Bewegung gehört zur artgerechten Pferdehaltung unbedingt dazu.
Ich finde ein bisschen Übergewicht beim Pferd nicht schlimm. Das kommt aber immer auf das jeweilige Tier an. Die Frage „ Wie schwer ist ein Pferd?“ besitzt weniger Relevanz als Vorerkrankungen wie PSSM oder Hufrehe. Ich weiß, dass es schwerfällt, den bettelnden Blicken zu widerstehen. Schließlich verdienen auch dicke Pferde eine Belohnung. Statt Bananen und Leckerli füttere ich lieber Karotten und Rote Beete-Stückchen. Damit die Dickerchen den anderen nicht beim Kraftfutterfressen zusehen müssen, gibt es im Fachhandel spezielles Diätfutter.
Untergewicht beim Pferd führt häufig zu Leistungseinbußen. Dein Pferd macht schnell schlapp und ist anfälliger für Infekte. Die Flanken sind eingefallen, die Rippen treten sichtbar hervor und das Fell erscheint stumpf und glanzlos. Manche Pferde nehmen im Fellwechsel ab. Auch Zahnprobleme, Parasiten und Krankheiten führen zum Gewichtsverlust. Zu den möglichen Ursachen gehört auch energiearmes Futter. Hat dein Pferd Untergewicht, dann gibst du ihm keine größeren Mengen, sondern fütterst es gehaltvoller. Ein Zuviel begünstigt Koliken.
Um das Gewicht beim Pferd zu erhöhen, fütterst du aufgeschlossenes und leicht verdauliches Futter, beispielsweise Mash. Mit einem Schuss Pflanzenöl wertest du die Mahlzeit auf. Luzerne liefert ein Plus an Eiweiß. Ein Geheimtipp für schwerfuttrige und ältere Pferde mit Zahnproblemen sind eingeweichte Zuckerrübenschnitzel. Sie regen den Appetit an und unterstützen die Verdauung. Wählst du melassefreie Zuckerrübenschnitzel, dann eignen sie sich auch gut für übergewichtige Pferde und solche mit Hufrehe und Insulinresistenz.
Da das Gewicht des Pferdes von der Rasse und vom Typ abhängt, fällt es vielen Reitern schwer, ihr Tier exakt einzuschätzen. Eine professionelle Futterberatung für dein Pferd schafft Klarheit. Der Experte geht dabei individuell auf dein Tier ein. Er beurteilt den aktuellen Ernährungszustand und beachtet weitere Faktoren, beispielsweise das Bewegungspensum, Vorerkrankungen, die Haltungsform und die bisherige Fütterung. Was kostet eine Futterberatung für das Pferd? Die Kosten liegen zumeist im zwei- bis niedrigen dreistelligen Bereich.
Ehe du einen Futterberater zu dir in den Stall holst, informierst du dich am besten auf Pferdefutter.de. Dort findest du jede Menge interessante Tipps. Wenn du eine individuelle Beratung wünschst, dann bekommst du diese für 20 Euro. Du füllst ein Formular aus, in dem du dein Pferd mit Foto ausführlich beschreibst. Du erhältst einen detaillierten Futterplan mit wichtigen Hinweisen sowie einen 20 Euro-Bestellgutschein. Löst du den Gutschein ein, dann ist die Beratung letztendlich kostenlos.
Die Frage „ Was wiegt ein Pferd?“ lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Größe, der Knochenbau und der Futterzustand bestimmen das Gewicht beim Pferd. Bei einem Vollblutaraber ist das Gewicht niedriger als bei einem Tinker trotz gleichem Stockmaß. Ermittle von deinem Pferd das Gewicht und stelle fest, ob es über-, unter- oder normalgewichtig ist und ergreife dann die richtigen Maßnahmen.
Bei Übergewicht:
- Kraftfutter reduzieren
- kohlenhydratarm füttern
- auf Getreide verzichten
- kürzere Weidezeiten
- viel Bewegung
Erkrankungen, die Übergewicht begünstigen oder darauf basieren:
- PSSM (Polysaccharid-Speicher-Myopathie, eine Muskelerkrankung)
- EMS (Equines Metabolisches Syndrom, Fettsucht)
- Hufrehe (Huflederhautentzündung infolge falscher Fütterung oder EMS)
Bei Untergewicht:
- leicht verdauliches Kraftfutter, am besten aufgeschlossen
- gut lösliche Ballaststoffe, beispielsweise Futterrübenschnitzel
- Zähne überprüfen
- Öl als Futterzusatz
- Eiweißzufuhr erhöhen (zum Beispiel mit Luzerne)
- im Winter notfalls eindecken
Merke: Das Gewicht beim Pferd spielt weniger eine Rolle als die Fettverteilung. Achte auf den Hals, die Schulter und die Kruppe. Findest du hier große Fettpolster, dann ist das ein Alarmzeichen und weitaus kritischer, als wenn das Pferd nur eine dicke Wampe hat.
Quellenangaben
https://www.pferd-spezial.de/pferde-blog/wie-viel-wiegt-ein-pferd/
https://www.pferdefutter.de/de/beratung-information/individuelle-futterberatung/
https://www.bodyconditionscore.de
https://www.pavo-futter.de/beratung/10-tipps-um-dunne-pferde-dicker-zu-bekommen/
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