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Verdauung beim Pferd

zuletzt aktualisiert 24.09.2024
Zeichnung der Verdauungsorgane eines Pferds
Foto © Trabland
Inhaltsverzeichnis

Um überhaupt einschätzen zu können, welches Fütterungsregime für mein Pferd sinnvoll ist, braucht es Kenntnisse über die Verdauung des Pferdes.

Da es sich bei Pferden um Pflanzenfresser handelt, funktioniert im Verdauungstrakt, im Vergleich zur Verdauung des Menschen, einiges ganz entschieden anders. Sehen wir uns also im Folgenden an, was die Verdauung eines Pferdes ausmacht und was dies für die Fütterung bedeutet.

Die geschichtliche Entwicklung der Verdauung

In der Geschichte des Pferdes und seiner Vorfahren änderte sich die Nahrungsgrundlage und damit auch die Physiologie der Verdauungsorgane. Während sich die Vorfahren der heutigen Pferde vor knapp 60. Mio. Jahren vor allem von Laub, Früchten und Samen im Regenwald ernährten, entwickelte sich das damalige kleine Waldsäugetier zu einem Busch- und Steppentier, das durch eine allmähliche Veränderung der Verdauungsorgane immer besser auf die neue Nahrungsgrundlage angepasst war: Gräser.

Es entwickelte sich ein Gebiss mit breiten Backenzähnen, das auf das Zermahlen und Zerquetschen von Futter ausgelegt ist, und ein Verdauungsapparat für die universelle Verdauung von Pflanzenbestandteilen. Die Physiologie des Verdauungstraktes unserer heutigen Hauspferde unterscheidet sich kaum von den wilden Stammformen.

Im Laufe der steigenden Nutzung des Pferdes durch den Menschen war es nötig, sich auch intensiver mit der Fütterung des Pferdes auseinander zu setzen. Durch die intensivere Arbeit als Zugtier in der Landwirtschaft oder im Militär setzte der Mensch den Fokus auf die Reduzierung der Fresszeiten, auf die Fütterung konzentrierter, energiereicher Futtermittel und auf die vereinfachte Lagerung sowie den vereinfachten Transport des Futters.

Deshalb kam es zum vermehrten Anbau von Futtergetreide, um einen Teil des Raufutters zu ersetzen. Heute wissen wir, dass Getreide und konzentrierte Futtermittel nur als ergänzende Krippenfutter dienen können und Gräser in Form von Heu/Heulage/Gras die Grundlage einer pferdegerechten Fütterung und gesunden Verdauung bilden.

Der Verdauungstrakt des heutigen Pferdes

Der Verdauungstrakt des Pferdes lässt sich unterteilen in:

  • Maul: Aufnahme, Zerkleinerung, Einspeichelung
  • Speiseröhre: Transport
  • Magen: Erste Schritte der Verdauung durch Mikroorganismen, Enzyme und Magensäure
  • Dünndarm: Enzymatische Verdauung und Nährstoffaufnahme
  • Dickdarm: Mikrobielle Verdauung, v.a. von Rohfaser, Aufnahme von Wasser und Nährstoffen, anschließende Ausscheidung


Man könnte meinen, dass die Verdauung erst im Magen beginnt. Tatsächlich zählt jedoch die Aufnahme des Futters über das Maul und der Kauvorgang bereits zur eigentlichen Verdauung.

Über Lippen, Schneidezähne und Zunge nimmt das Pferd das Futter zu sich. Im Maul wird die Nahrung bereits zerkleinert und eingespeichelt, wobei eine längere Futteraufnahmezeit von Futter mit einem hohen Anteil Rohfaser (z.B. Heu) eine stärkere Einspeichelung bedingt. Neben dem Effekt der erhöhten Einspeichelung dient Raufutter außerdem der Stillung des Kaubedürfnisses und der Beschäftigung.

Der Magen des Pferdes

Nach dem Abschlucken gelangt das zerkaute Futter in den Magen. Dieser ist mit ca. 15l im Vergleich zur Körpergröße des Pferdes eher klein. Dies erklärt, warum das Pferd als sogenannter „Dauerfresser“ bezeichnet wird: Der Magen ist auf viele kleine Futtermengen am Tag bzw. auf eine langsame, kontinuierliche Raufutteraufnahme ausgelegt. Ein durch die Natur vorgegebener Trieb ist in dem Zusammenhang das konstante Futtersuchen und die selektive Futteraufnahme während der Bewegung.


Der Magen lässt sich in einen drüsenlosen und einen drüsenhaltigen Bereich einteilen. Während im ersten Magenabschnitt die Bakterienflora die ersten Schritte der Verdauung übernimmt, startet im zweiten Teil des Magens der Magensaft, der unter anderem Salzsäure enthält, mit weiteren Verdauungsschritten.

Die Säure muss hauptsächlich den pH-Wert des Nahrungsbreis senken, um den Gehalt der Mikroorganismen vor dem Eintritt in den Dünndarm zu senken und infolgedessen Fehlgärungen zu vermeiden. Nachdem hier bereits die Verdauung von Eiweißen, Fetten und Stärke einsetzt, transportiert der Magen das Futter relativ schnell weiter Richtung Dünndarm, wobei rohfaserreiches Futter schneller weiter transportiert wird. Große Kraftfuttermengen hingegen werden recht langsam weitertransportiert, was zu Störungen im Verdauungskanal führen kann.

Der Dünndarm des Pferdes

Im nun folgenden Dünndarm kommt es zur Verdauung von Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten.

Eiweiße, genauer gesagt die Aminosäuren, aus denen sie bestehen, erfüllen viele wichtige Funktionen im Pferdekörper. Unter anderem sind sie essenziell für einen funktionierenden Muskelstoffwechsel und den Muskelaufbau. Auch wenn eine ausreichend hohe Eiweißmenge wichtig ist, sollte man bedenken, dass ca. 10 % Rohprotein in der Tagesration erwünscht sind, mehr als 14 % jedoch vermieden werden sollten.

Hintergrund ist, dass überschüssiges Protein ausgeschieden werden muss und so Leber und Niere belasten kann. Da das Pferd nur Eiweiße nutzen kann, die noch vor dem Dickdarm verdaut werden können, sollte man den Fokus auf eine ausreichende Menge an dünndarmverdaulichem Eiweiß setzen.

Verschiedene Verdauungssäfte, wie Bauchspeicheldrüsensekret und Gallenflüssigkeit, strömen in den Darm. Da das Pferd keine Gallenblase besitzt, kommt es zu einem dauerhaften Fluss der Galle in den Dünndarm.
 

Die fehlende Gallenblase ist ein limitierender Faktor bei der Fütterung von Ölen/Fetten.

Dies soll jedoch keinesfalls heißen, dass Pferde Fette schlecht verwerten können. Wichtig ist jedoch, dass man geringe Mengen füttert, da es eben keine Speichermöglichkeit gibt. Größere Mengen Öl sollten auf mehrere kleine Mahlzeiten verteilt werden. Als Orientierung gilt maximal 0,5 g Fett je 1 kg Körpergewicht und Mahlzeit bzw. maximal 1 g Fett je 1 kg Körpergewicht und Tag.

Wir haben zu Beginn des Textes bereits erfahren, dass der Verdauungstrakt des Pferdes evolutionsbedingt hauptsächlich auf Gräser und Pflanzenbestandteile spezialisiert ist. Dies mag erklären, warum das Enzym, was für die Verdauung von Stärke (z.B. in Getreide) zuständig ist, unabhängig von den Stärkemengen durchgehend nur wenig aktiv ist und somit große Mengen von Stärke nicht in der erforderlichen Zeit verdaut bekommt.

Diese eingeschränkte Kapazität des stärkeverdauenden Enzyms birgt gewisse Risiken bei einer erhöhten Zufuhr von Stärke: Unverdaute Stärke kann in den Dickdarm gelangen und dort das ansässige Mikrobiom aus dem Gleichgewicht bringen. Aus fütterungstechnischer Sicht rät man zu maximal 1 g Stärke je 1 kg Körpergewicht und Mahlzeit bzw. maximal 2 g Stärke je 1 kg Körpergewicht und Tag. Außerdem sollte man möglichst ein gut verdauliches Getreide wählen, das zusätzlich noch thermisch oder mechanisch aufgeschlossen sein kann.

Der Dickdarm des Pferdes

Das Pferd wird nicht nur als „Dauerfresser“ bezeichnet, sondern vor allem auch als „effizienter Dickdarmverdauer“.

Im Dickdarm wird vor allem die Rohfaser mithilfe von Mikroben verdaut. Erstaunlich ist, dass die Passage des Futters im Dickdarm bis zu 45 Stunden dauern kann. Die Mikroorganismen im Darm sind auf eine kontinuierliche Zufuhr von Rohfaser angewiesen, um effektive Verdauungsprozesse gewährleisten zu können.

Deswegen sollte ein Pferd mindestens 1,5 kg Heu je 100 kg Körpergewicht und Tag bekommen. Fresspausen von über vier Stunden gilt es zu vermeiden.

Wenn die Körperkonstitution des Pferdes es bei gegebener Arbeitsleistung zulässt, kann auch die ad libitum Fütterung von Heu eine artgerechte Fütterung darstellen. Hier ist langfristig darauf zu achten, dass das Pferd nicht zu sehr zunimmt, da es durch die 24/7 Heuaufnahme leicht zu einem Energieüberschuss und somit zu Übergewicht kommen kann.

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FAZIT

Der Text hat uns nun einmal durch den Verdauungstrakt des Pferdes geführt, die Verdauungsprozesse und Besonderheiten näher gebracht und erste Rückschlüsse auf die praktische Fütterung gezogen. Natürlich geht es für den einzelnen Pferdebesitzer nicht darum, jegliche biologischen Abläufe detailliert zu kennen, trotzdem sind gewisse Grundkenntnisse der Verdauung unerlässlich, um pferdegerecht zu füttern

Quellen:

Bender, I. (2009): Praxishandbuch Pferdefütterung. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Coenen, M.; Vervuert I. (2020): Pferdefütterung. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart

Gäbel, G.; Loeffler, K.; Pfannkuche, H. (2018): Anatomie und Physiologie der Haustiere. 15., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart

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