Von Christina Meier, veröffentlicht am 12.08.2024 - Die Wunderstute Halla und Hans Günter Winkler haben wohl eine ganz besonders innige Verbindung zueinander gehabt. Wie sonst ist es zu erklären, dass bei den Olympischen Reiterspielen 1956 Winklers Pferd Halla ihren schwer verletzten Reiter als einziges Pferd fehlerfrei im Alleingang über die 17 Sprünge zum Sieg trägt?
Die Hessenstute Halla wurde am 16. Mai 1945 – kurz nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht – auf Gustav Vierlings Hofgut Oberfeld in Darmstadt geboren und zunächst als Rennpferd ausgebildet und eingesetzt. Eltern des als zickig geltenden Pferdes waren die Stute Helene und der Traberhengst Oberst. Bereits nach kurzer Zeit hatte man festgestellt, das Halla – aller Zickigkeit zum Trotz – ein außergewöhnliches Talent zum Springen besaß. Daher wurde sie vom Rennpferd zum Springpferd umgeschult.
Auch das Deutsche Olympia-Komitee für Reiterei (DOKR) interessierte sich für die Stute Halla als Pferd für den Leistungssport, obwohl diese noch immer den Ruf eines schwierigen und phlegmatischen Pferdes innehatte. Während Halla auf Anraten des DOKR als Vielseitigkeitspferd eingesetzt wurde, versuchten verschiedene Reiter, mit ihr warm zu werden – doch erfolglos. Erst der damals noch junge Springreiter Hans Günter Winkler verstand es, das Herz des talentierten Springpferdes Halla zu erobern. Dies war für Pferd und Reiter der Beginn einer wunderbaren Freundschaft und Karriere im Springreiten.
Rasse: Hesse
Geboren: 16. Mai 1945 auf Hof Oberfeld/Darmstadt
Gestorben: 19. Mai 1979 Hof Oberfeld/Darmstadt
Vater: Oberst (Traberhengst)
Mutter: Helene (französisches Pferd unbekannter Herkunft)
Land: Deutschland
Farbe: braun
Stockmaß: 171 cm
Besitzer: Züchter und Landwirt Gustav Vierling (Pächter der Domäne Oberfeld)
Reiter: Hans Günter Winkler
Das Springpferd Halla wurde zwar durch den Reiter Hans Günter Winkler berühmt – vielleicht war es auch eher umgekehrt und Winkler wurde durch Halla berühmt. Dennoch gehörte ihm das Pferd nicht. Besitzer war der Darmstädter Landwirt und Hofpächter Gustav Vierling. Der war es auch, der in Hans Günter Winkler den passenden Reiter für seine Stute Halla sah, obwohl Winkler anfangs nicht so überzeugt davon schien. Doch Gustav Vierling sollte recht behalten: Hans Günter Winkler und Halla waren trotz einiger Anfangsschwierigkeiten wie füreinander geschaffen.
Winkler erkannte, dass die Stute Halla nicht nur sehr talentiert, sondern auch extrem sensibel war. So soll er einmal gesagt haben, Halla habe genauso eine „Schraube locker“ wie er selbst. Mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld für dieses sensible Pferd erreichte Hans Günter Winkler dann das, was vor ihm noch niemand geschafft hatte: Aus der zickigen Stute Halla mit der „lockeren Schraube“ wurde das Springpferd Halla, das Gustav Vierling schon früh in Halla gesehen hatte. Dabei hatte das DOKR die Stute zwischenzeitlich sogar als untauglich für den Leistungssport abgestempelt.
Geht es dir vielleicht auch so, dass du manche Pferde nicht unbedingt reiten möchtest und dich ärgerst, wenn dir ein bestimmtes Pferd für den Reitunterricht zugeteilt wird? So ging es Hans Günter Winkler mit seiner Wunderstute Halla anfangs auch. Doch ganz ehrlich: Ein Pferd, das die meisten Reiter wegen einer Macke nicht reiten wollen, braucht vielleicht einfach nur besonders viel Liebe und Aufmerksamkeit – genau wie Halla oder Ostwind. Also lass dich immer wieder auf jedes Pferd neu ein und gib stets dein Bestes – unabhängig davon, welches Pferd du reitest.
Hätte sich der junge Nachwuchs-Springreiter Hans Günter Winkler von der Einschätzung des Deutschen Olympischen Komitees für Reiterei beeinflussen lassen, wären Halla und er wohl niemals berühmt geworden. Doch Winkler spürte, dass das damals sechsjährige Springpferd Halla etwas ganz Besonderes war, als er mit ihr im Jahre 1951 zu trainieren anfing. Bereits ein Jahr später gewannen die beiden erstmalig ein internationales Springturnier. In den Jahren 1954 und 1955 wurden beide zusammen sogar Weltmeister.
Mit den Olympischen Spielen im Jahr 1956 wurde aus dem Springpferd Halla die Wunderstute Halla. Winkler hatte sich in der ersten Championats-Runde bei einem verpatzten Srung einen Muskelriss in der Leiste eingehandel. Durch Schmerzen und Schmerzmittel halb bewusstlos, hing er während des zweiten Umlaufs mehr oder weniger auf Hallas Hals. Er hielt sich nur noch an ihrer Mähne fest.
Winkler war unfähig zu jeglicher Hilfengebung und bemühte sich, seine Schmerzschreie zu unterdrücken. Doch Halla, die durch Winklers Gewicht auf ihrem Hals sogar selbst eine Sehnenverletzung erlitt, trug ihren Reiter über sämtliche Hindernisse ans Ziel: Fehlerfrei. Als einziges Pferd-Reiter-Team gewannen sie die Einzel- und Mannschafts-Goldmedaille!
Auch nach Winklers legendärem „Goldritt“ gewannen die Wunderstute Halla und er noch einige Turniere. Insgesamt errangen die beiden 125 Siege bei verschiedenen Springturnieren sowie drei Olympische Goldmedaillen. Am 25. Oktober 1960 fand dann Hallas wohlverdienter Abschied vom Leben als Turnier- und Reitpferd statt. Ab diesem Tag sollte kein Reiter mehr auf Hallas Rücken sitzen. Stattdessen verbrachte sie einige Jahre als Zuchtstute auf dem Gestüt Lindenhof, bevor sie Anfang des Jahres 1979 zurück auf den heimatlichen Hof Oberfeld kam.
Acht Fohlen schenkte die Wunderstute das Leben, doch keiner von Hallas Nachkommen sollte jemals so berühmt werden wie sie. Am 19. Mai 1979 starb Halla mit 34 Jahren auf Hof Oberfeld – an ihrem einstigen Geburtsort. Doch in den Herzen der Menschen, die sie liebten und bewunderten, bleibt sie unvergessen. In Warendorf, wo sie ebenfalls einige Zeit gelebt hatte, findest du sogar eine nach ihr benannte Straße sowie eine lebensgroße Plastik von Hallla aus Bronze. Sie steht ausgerechnet vor dem Deutschen Olympischen Komitee, das Halla damals als unbrauchbar für den Leistungssport betitelt hatte.
Die Stute Halla wurde genau 34 Jahre und drei Tage alt. Sie starb wohl an Altersschwäche – zumindest ist keine andere Todesursache von Halla bekannt. Vielleicht fragst du dich, was mit Hallas sterblichen Überresten passiert ist? Ehrlich gesagt, bin ich mir da auch nicht ganz sicher. Einigen Berichten zufolge ist sie in eine Tierkörperbeseitigungsanstalt gekommen. Dort wurden Pferdeknochen bis vor wenigen Jahren nicht nur zu Tiermehl für Nutztiere, sondern ihr Fett – heute unvorstellbar – sogar zu Seife verarbeitet.
Anderen Berichten zufolge ist die verstorbene Stute Halla in ein Krematorium gekommen und ihr Körper wurde verbrannt. Heute zumindest sind Pferdekrematorien keine Seltenheit. Doch was ist dann mit Hallas Asche passiert? Du siehst also: Auch ich bin nicht allwissend und trotz zahlreicher Recherchen ist es mir nicht gelungen, die Wahrheit über den Verbleib von Hallas sterblichen Überreste herauszufinden. Weißt du vielleicht Genaueres darüber? Dann würde ich mich freuen, wenn du dies in den Kommentaren mit uns teilen würdest.
Im Buch mit dem Titel „Zusammen sind wir frei“ und dem daraus entstandenen Film „Ostwind“ heißt es, das Pferd Ostwind sei ein Urenkel der Hessenstute Halla. Das bietet sich natürlich an, zumal Hessen im Buch und im Film eine große Rolle spielen. Zudem war die echte Halla nicht nur eine Hessenstute, sondern hat auch etliche Jahre auf Gut Oberfeld in Darmstadt/Hessen gelebt. Dennoch ist das Pferd, welches Ostwind darstellt, in Wirklichkeit kein Urenkel der berühmten Wunderstute Halla.
Tatsächlich wird der „Pferde-Filmstar Ostwind“ in diesem Film sogar gleich von zwei verschiedenen Pferden dargestellt, deren Besitzerin und Trainerin du mit Sicherheit auch kennst: Kenzie Dyslie. Sie war vor eingien Jahren mit ihren beiden Rappen Atila und James auf einer Hamburger Pferdemesse. Dort wurden Atila und James sozusagen „entdeckt“ und durften dann abwechselnd den Hengst Ostwind darstellen. James wurde aufgrund seines Charakters für etwas ruhigere Szenen eingesetzt, während Atila – passend zu seinem Namen – die gefährlich und wild wirkenden Szenen spielen durfte.
Das Pferd Halla, das lange Zeit niemand reiten wollte, hat sich am Ende doch als eine echte Wunderstute erwiesen. So dankte sie es auf ihre Weise, dass Hans Günter Winkler sich trotz aller Schwierigkeiten stets um sie bemühte und viel Geduld und Zeit in sie investierte. Es ist es immer nur eine Frage der Zeit, bis aus Pferd und Reiter ein echtes Team wird. Und ein gutes Team kann sich – wie du siehst – auch bei ungewöhnlichen Herausforderungen stets aufeinander verlassen.
Quellenangaben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Halla
https://www.mein-pferd.de/pferdehaltung/pferdewelt/was-wurde-aus-der-wunderstute-halla/
https://www.ehorses.de/magazin/springpferd-halla/
https://www.mz.de/varia/pferdesport-wunderstute-halla-starb-vor-25-jahren-2904412
https://de.wikipedia.org/wiki/Ostwind_(Film)
https://kenziedysli.de/ostwind/
Kompakte Infos für Pferdefreunde. Hier erhältst du Antworten auf die häufigsten Fragen rund um Pferde und Reiter.