Von Christina Meier - Die von der FN festgelegte Übersicht umfasst Schritte oder Phasen der Pferdeausbildung. Diese einzelnen, aufeinander aufbauenden Elemente der Ausbildungsskala beim Pferd bedingen einander und beeinflussen sich gegenseitig. Sie sind daher keine isoliert anzusehenden Parameter. Neben dieser Orientierungshilfe für die Grundausbildung des Pferdes existiert eine ähnliche Ausbildungsskala für Pferde beim Westernreiten. Es ist ebenso spannend, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Ausbildungsskala beim Pferd und der Ausbildungsskala für Reiter zu entdecken und miteinander zu vergleichen.
Damit dein Pferd beim Reiten gern mitarbeitet und ihr einander versteht, gibt es nicht nur eine Ausbildungsskala für Reiter. Ebenso gibt es einen Orientierungsleitfaden für die klassische Ausbildung für Pferde – Ausbildungsskala Pferd genannt. Sowohl die Ausbildungsskala für Pferde als auch die Ausbildungsskala für Reiter sind in von der FN vorgegebene Schritte eingeteilt. Du solltest diese einzelnen Elemente deiner reiterlichen Ausbildung und die des Pferdes dennoch stets als zusammenhängendes und ganzheitliches System betrachten.
Während die Ausbildungsskala für Pferde im Wesentlichen 3 Haupt- und 6 Unterpunkte umfasst, sind es bei der Skala der Ausbildung für Reiter zwei Hauptelemente oder Entwicklungsschritte. Diese werden jedoch nochmals in einzelne Unterschritte aufgegliedert. Die zwei Hauptelemente bei der Skala der Ausbildung Reiten bilden die Grundlage für jeden Reiter und auch jeden Reitunterricht: das Erlernen des korrekten Reitersitzes in allen Gangarten und das Erlernen und Fühlen der Hilfen und Einwirkungen auf dein Pferd.
Die Skala für die Grundausbildung eines Pferdes lässt sich wunderbar als Pyramide mit einzelnen Stufen darstellen. Wenn du ein Pferd einreiten möchtest, ist der erste Schritt natürlich erst einmal die Gewöhnungsphase. Erst innerhalb dieser Gewöhnungsphase kann das Pferd eine gewisse Schubkraft und daraus resultierend auch eine Tragkraft entwickeln. Diese Entwicklung findet jedoch nicht unbedingt nacheinander, sondern eher parallel statt.
Dennoch werden die einzelnen Punkte zum besseren Verständnis auch in diesem Artikel als Leiter oder Pyramide mit einzelnen Stufen (von unten nach oben) dargestellt:
• Versammlung
• Geraderichtung
• Schwung
• Anlehnung
• Losgelassenheit
• Takt
Die Basis bildet also die Entwicklung der taktmäßigen Bewegungen des Pferdes. Das Pferd sollte daher nach Möglichkeit sein individuelles Wohlfühltempo und seinen Takt selbst finden können. Dadurch entsteht beim Pferd ein sicheres Gefühl des Gleichgewichts als Grundlage für die weitere Entwicklung nach der Ausbildungsskala für Pferde.
Ob im Schritt, im Trab oder Galopp: Ist vom Takt des Pferdes die Rede, ist damit gemeint, dass jeder Schritt im gleichen Rhythmus bzw. Tempo und Abstand stattfinden sollte. Daher gilt der Takt auch in der Ausbildungsskala für Pferde beim Westernreiten als Basis. Ungleichmäßigkeiten und der Verlust des Taktes deuten auf Probleme hin, deren Ursachen manchmal auch beim Reiter zu suchen sind. Gibst du deinem Pferd ausreichend Raum, findet es meist selbst in seinen natürlichen Takt hinein. Beim Einreiten eines noch jungen Pferdes kann dir ein erfahrener Trainer dabei helfen, beim Reiten den jeweiligen Ausbildungsstand des Pferdes zu berücksichtigen.
Jede Gangart beruht auf einem eigenen Takt. So handelt es sich beim Schritt um einen Viertakt. Achtest du beim Trab auf Takt und Balance, kannst du eine Zweitakt-Bewegung der diagonalen Beinpaare erkennen, die jeweils durch eine Schwebephase unterbrochen wird. Im Galopp sind Takt und Fußfolge wieder eine andere, denn hier handelt es sich um einen Dreitakt, wobei es im Galopp ebenfalls eine Schwebephase gibt. Die genaue Folge des Bewegungsablaufes ist jedoch von der jeweiligen Galoppart (beispielweise Links- oder Rechtsgalopp) abhängig.
Losgelassenheit ist mehr als nur eine lediglich körperliche Unverkrampftheit, sondern ein wesentlicher Punkt der Ausbildungsskala für Pferde. Es geht dabei um eine gesunde An- und Entspannung der Muskulatur einerseits und andererseits auch um eine mentale Losgelassenheit des Pferdes. Deine eigene Losgelassenheit oder auch eher verkrampfte Haltung – körperlich wie geistig-seelisch – überträgt sich stets auch auf dein Pferd. Deine Unsicherheit kann also auch dein Pferd verunsichern und damit aus dem Takt bringen. Ebenso kann deine angespannte Haltung beim Pferd zu einer negativen Erwartungshaltung und Anspannung führen.
Losgelassenheit und Vertrauen gehen beim Pferd Hand in Hand. Ein losgelassenes Pferd bewegt sich mit einem locker schwingenden Rücken und dehnt seinen Hals nach vorne in Richtung Reiterhand heran. Dieses Loslassen und Dehnen des Halses ist eine wichtige Voraussetzung für die sensible Verbindung zwischen dem Pferdmaul und der Hand des Reiters. Befindet sich das Pferd in Anlehnung, dann ist das ein Zeichen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Denn die Anlehnung des Pferdes beruht auf Freiwilligkeit und kann niemals erzwungen, sondern allenfalls vom Reiter angeboten werden.
Die Frage „Wie bekomme ich mein Pferd in die Anlehnung?" hört man wahrscheinlich täglich in jeder Reitschule. Wenn du als Reiter die Grundprinzipien der Reitlehre beherrschst, ist dies schon einmal eine gute Basis. Natürlich kommt es auch darauf an, wie weit der Ausbildungsstand deines Pferdes – an der Skala der Ausbildung gemessen – bereits fortgeschritten ist. Doch das Wichtigste ist die Freude an der Zusammenarbeit – beim Pferd und bei dir. Dies ist nicht nur für Pferde in der Ausbildung das A und O.
Es gibt einige Übungen, mit welchen du die Anlehnung beim Reiten verbessern kannst. Dennoch solltest du auch beim Thema Anlehnung stets die Ausbildungsskala für Pferde im Blick haben. Denn für dich und dein Pferd – auch, wenn sich dieses nicht mehr in der eigentlichen Ausbildung befindet – kann die Skala der Ausbildung für Pferde ebenfalls hilfreich sein, um die Anlehnung deines Pferdes zu unterstützen. Auch für die nächsten Punkte auf der Ausbildungsskala für Pferde ist Losgelassenheit eine wichtige Voraussetzung.
Die richtige Anlehnung des Pferdes ist zwar dadurch fühlbar, dass dein Pferd am Zügel geht. Dennoch kommt die Anlehnung nicht durch das Herumhantieren oder dem beliebten „Herunterhebeln“ mit den Zügeln zustande. Im Gegenteil: Je ruhiger deine Reiterhand ist, desto eher tritt das Pferd beim Treiben in Dehnungshaltung und Losgelassenheit freiwillig an das Gebiss bzw. die Reiterhand heran. Als Zwischenübung empfehle ich dir daher auch hier immer wieder, die Zügel aus der Hand kauen zu lassen und dann wieder vorsichtig aufzunehmen. Dies fördert die Entspannung und Losgelassenheit sowie die Dehnungsbereitschaft des Pferdes.
Schwungvolle, aus der Hinterhand kommende Bewegungen erfordern ebenfalls Losgelassenheit und Vertrauen in den Reiter, der sein Pferd durch seine Zügelführung keinesfalls behindern sollte. Je raumgreifender und schwungvoller die Bewegungen und je länger die Schwebephasen im Trab und Galopp sind, desto besser. Der Rücken des Pferdes sollte locker und losgelassen mitschwingen und den aus der Hinterhand kommenden Impuls weitertragen. An diesen Zusammenhängen erkennst du: Für das Pferd ist die Ausbildungsskala genauso wichtig wie für dich als Reiter.
Das Geraderichten ist ein weiterer Punkt der Ausbildungsskala für Pferde. Jedes Pferd hat eine individuelle, niemals zu 100 Prozent gerade Körperhaltung. Diese natürliche Schiefe eines Pferdes wird durch das Geraderichten ausgeglichen, so dass das Gewicht des Pferdekörpers gleichmäßig auf seine linke und rechte Körperhälfte verteilt ist. Dies verhindert unter anderem einseitige Belastungen und deren möglichen Folgen. Die Geraderichtung ermöglicht ein korrektes Reiten auf dem Hufschlag – daran kannst du erkennen, ob dein Pferd auch wirklich geradegerichtet ist.
Der letzte, aber keineswegs weniger wichtige Aspekt der Skala der Ausbildung ist die Versammlung. Versammlung und Selbsthaltung des Pferdes sind nicht voneinander zu trennen. Dabei sollte sich dein Pferd weder auf die Zügel stützen noch im Rücken durchhängen, sondern einen stabilen Rücken und eine ausbalancierte, sich selbst tragende Haltung aufweisen. In der Versammlung kommt dein Pferd in Anlehnung und geht am Zügel und den anderen Hilfen. Die einzelnen Punkte auf der Ausbildungsskala für Pferde unterstützen und fördern sich auch hier also gegenseitig.
Ein versammeltes Pferd darf der klassischen Reitlehre nach jedoch nicht hinter den Zügel kommen. Denn dann ist es eigentlich nicht korrekt versammelt, du kannst es so nicht mehr von hinten treiben und es tritt nicht richtig an das Gebiss heran. Hinter dem Zügel gehen ist eben nicht am Zügel gehen. Daher empfehle ich dir, die Ausbildungsskala für Pferde in Pyramidenform stets vor deinem inneren Auge zu haben. Es ist ja das Gesamtbild, welches für eine harmonische Pferd-Reiter-Beziehung sorgt und nicht nur ein einzelner Aspekt der Skala der Ausbildung.
Um dir den pyramidenartigen Aufbau mit den ineinandergreifenden Faktoren der Ausbildungsskala beim Pferd besser merken zu können, kannst du dir die einzelnen Punkte für die Pferdeausbildung auch in einen einzigen Satz packen:
"Ein gleichmäßiger Takt verhilft zu mehr Losgelassenheit, so dass das Pferd gern in die Anlehnung und mit Schwung und geradegerichteter Haltung in die Versammlung kommt."
Manchmal hilft auch eine Art lustige Bildergeschichte, sich unterschiedlich Begriffe in einer bestimmten Reihenfolge zu merken:
"Taktvoll fragte ich, wer denn die Hunde losgelassen habe, die sich jetzt an mich lehnten, mir der Zunge schwungvoll das Gesicht ableckten und mich damit zwangen, geradegerichtet aufzustehen, um dann endlich zur Versammlung der Hundeallergiker gehen zu können."
Sind dir beide Sätze zu kompliziert, dann mach dir nichts draus. Du kannst dir die pyramidenartige Ausbildungsskala für Pferde ja immer noch irgendwo als Bild aufhängen, wo du sie täglich mehrmals siehst.
Vom Ausbildungsstand deines Pferdes und der Ausbildungsskala einmal abgesehen, spielt beim Reiten also auch die Ausbildungsskala für Reiter eine große Rolle. Doch vor allem soll das Reiten deinem Pferd und dir Freude bereiten. Dies ist vielleicht ein Punkt, um welchen ich die Ausbildungsskala für Pferd und Reiter auf jeden Fall zusätzlich ergänzen würde.
Quellen:
https://www.pferd-aktuell.de/ausbildung/ausbildung-des-pferdes
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