Von Christina Meier - Klein gehäckselte und getrocknete Rübenschnitzel, die vor dem Füttern in ausreichend Wasser eingeweicht werden müssen, waren lange Zeit ein Geheimtipp unter Pferdefreunden. Doch heute sind die kleinen Zuckerrübenschnitzelchen eine beliebte Energiequelle für Pferde mit einem erhöhten Kalorienbedarf.
Außer einer Extraportion Kalorien sollen die kleinen Schnitzel aus der Zuckerrübe jede Menge gesundheitliche Vorteile für Pferde zu bieten haben. Unter anderem sind dafür jede Menge präbiotischer Pektine und andere Ballaststoffe verantwortlich, über die sich die Darmbakterien im Pferdedarm freuen.
Die so harmlos aussehenden Rübenschnitzel haben es in sich und sind schon echte Kalorienbomben. Doch gerade darin liegt ein wesentlicher Vorteil der Rübenschnitzel für Pferde. Denn mit Rübenschnitzel kann nicht nur ein erhöhter Energieverbrauch gedeckt werden. Auch für ältere Pferde kann eine zusätzliche Fütterung mit ballaststoffreichen Rübenschnitzeln sinnvoll sein, da diese unter anderem die Darmgesundheit fördern und altersbedingtem Gewichtsverlust gegensteuern können sollen. Denn nicht jeder erhöhte Energiebedarf soll und kann mit größeren Portionen Kraftfutter gedeckt werden.
Aufgrund des angenehmen Geschmacks lassen sich auch ansonsten mäkelige Pferde mit geringem Gewicht gern davon überzeugen, die eingeweichten Schnitzel als nicht alltägliche Leckerbissen zu genießen. Dank des eher geringen Zuckergehaltes sollen die eiweißarmen Schnitzel auch für Pferde mit Stoffwechselproblemen wie beispielsweise EMS (Equines Metabolisches Syndrom) geeignet sein. Denn der größte Teil des ursprünglich in der Zuckerrübe enthaltenen Zuckers wird bei der Verarbeitung zu Rübenschnitzeln entfernt, weshalb diese auch gern als entzuckerte Rübenschnitzel bezeichnet werden.
Ich kenne die Zuckerrüben noch aus meiner Kindheit auf dem Land. Damals hießen sie „Runkelrüben“, wurden von vielen Bauern angebaut und im Winter als nahrhaftes und günstiges Futter vor allem an die Kühe verfüttert. Bei uns gab es keine Massentierhaltung und jeder Bauer hatte höchstens 10 Kühe, die – außer während des Winters – tagsüber auf der Weide waren. Heute ist auch der Rübenzucker aus regionalem Anbau wieder im Kommen. Er kann genauso wie Zucker aus Zuckerrohr verwendet werden.
Bei der Zuckerherstellung wird aus den frischen Zuckerrüben bzw. den zerkleinerten Schnitzeln zuerst der süße Zuckerrübensaft extrahiert. Der gereinigte und durch Verdampfung eingedickte Saft kristallisiert anschließend zu Zucker. Neben der flüssigen Melasse, die nicht weiter auskristallisiert, bleiben natürlich auch die gehaltvollen Rübenschnitzel übrig. Heute gelten diese Rübenschnitzel fürs Pferd als ganz besonderes Futtermittel mit speziellen Eigenschaften. Diese werden im Anschluss an die Extraktion nochmals gepresst und getrocknet, bis sie einen Trockensubstanzgehalt von 90 % aufweisen.
Wenn es um Rübenschnitzel fürs Pferd geht, musst du zwischen melassierten und entzuckerten Rübenschnitzeln unterscheiden. Melassierte Schnitzel werden auch als Melasseschnitzel bezeichnet. Um Melasseschnitzel zu erhalten, wird den getrockneten Schnitzeln zusätzlich zuckerhaltige Melasse zugefügt, was den Zuckergehalt auf mehr als 20 % anhebt. Die melassefreien Zuckerrübenschnitzel, die meist als Rübenschnitzel Pellets oder Flocken erhältlich sind, enthalten dagegen lediglich einen Zuckeranteil von 5 % und sind daher auch als zuckerfreie (eigentlich zuckerarme) Trockenrübenschnitzel fürs Pferd bekannt.
Sind die Rübenschnitzel melassefrei, enthalten sie sogar weniger Zucker als ein Apfel. Anderseits können melassierte Rübenschnitzel aufgrund ihres süßen Geschmacks bei mäkeligen Pferden die Futterakzeptanz und den Appetit verbessern. Leidet dein Pferd jedoch an Störungen des Stoffwechsels wie an einer 6 Insulinresistenz 6 oder EMS, solltest du besser auf die entzuckerten Rübenschnitzel zurückgreifen. Dank ihres Restzuckergehaltes werden auch diese erfahrungsgemäß gern von Pferden angenommen. Vor allem entzuckerte Rübenschnitzel sollen etliche Vorteile für die Pferdegesundheit mit sich bringen.
Die Fütterung dieser ballaststoffreichen Schnitzelchen hat unterschiedliche Vorteile. Im Gegensatz zur Fütterung mit Hafer wird die Energie durch die zahlreichen Ballaststoffe in den Zuckerrüben eher langsam freigesetzt, so dass die schnelle, aufputschende Wirkung wie bei der Haferfütterung ausbleibt. Daher sind Rübenschnitzel fürs Pferd sinnvoll, wenn dieses ein schlechter Futterverwerter ist oder zunehmen soll, ohne durch die zusätzlich gewonnene Energie zu übermütig zu werden. Die eingeweichten Pellets oder Schnitzel sind zudem eine hervorragende Rohfaserquelle und sollen dadurch besonders verdauungsfördernd und bekömmlich sein.
Ein weiterer Vorteil der Zuckerrübenschnitzel fürs Pferd, der ebenfalls die Verdauung betrifft, ist die vermehrte Anregung der Speichelproduktion. Die Verdauung fängt ja bekanntlich im Pferdemaul an. Je intensiver und länger dein Pferd kaut, desto mehr Speichel wird dabei produziert. Dies soll sogar das Risiko einer Kolik und das Auftreten von Kotwasser verringern. Auf schmerzhafte Magengeschwüre sollen sich zuckerarme, also nicht melassierte Rübenschnitzel ebenfalls günstig auswirken. Nicht zuletzt fördert das intensive Kauen der Zuckerrübenschnitzel beim Pferd auch dessen Zahngesundheit.
Neben einem geringen Proteingehalt weisen Zuckerrübenschnitzel einen hohen Pektin- und Zellulosenanteil auf. Die für Pferde so wertvolle Aminosäure Lysin ist in den Rübenschnitzeln fürs Pferd sogar in größeren Mengen (5,9 g/kg) enthalten. Rübenschnitzel fürs Pferd enthalten in der Regel
• Mineralstoffe und Spurenelemente (Calcium, Kalium, Magnesium und Phosphor)
• Rohfasern
• Rohprotein
• Rohasche
• Rohfett
• Zucker (entzuckerte Rübenschnitzel fürs Pferd etwa 5 %)
Die Menge der einzelnen Inhaltsstoffe variiert je nach Marke und Zuckerrübenschnitzel Produkt.
Lediglich der Zuckeranteil ist bei entzuckerten Schnitzeln produktionsbedingt stets etwa gleich hoch.
Aufgrund des hohen Rohfaseranteils und der dadurch eher weichen Konsistenz kannst du mit Rübenschnitzeln ein altes Pferd genauso füttern wie ein Pferd mit einem nicht mehr allzu gutem Gebiss. Einen besonderen Stellenwert bei der Fütterung mit Rübenschnitzeln erhält die Aminosäure Lysin, die im herkömmlichen Pferdefutter meist zu kurz kommt. Dabei ist sie für viele Funktionen wie beispielsweise die Zellteilung, das Muskel- und Knochenwachstum sowie den Fett- und Muskelstoffwechsel und eine gute Immunabwehr von großer Bedeutung.
Mit zunehmendem Alter verändern sich die Bedürfnisse eines Pferdes, was seine Fütterung betrifft. Doch auch hier sind die individuellen Unterschiede ausschlaggebend, denn nicht alle Seniorpferde sind gleich. Pferde, die sich auch noch im Alter recht viel bewegen oder bewegt werden, haben einen höheren Energiebedarf als ältere Pferde, die wenig körperliche Arbeit leisten. Während so manches Pferd im Alter an Gewicht zulegt, neigen andere Seniorpferde eher zum Untergewicht und dürfen dann natürlich auch gehaltvolleres Futter erhalten.
Dennoch steigt eigentlich beinahe bei allen älteren Pferden der Nährstoffbedarf, so dass die Fütterung mit Rübenschnitzeln für ein Pferd im höheren Alter sich auf das Wohlbefinden von Seniorpferden eher günstig auswirkt. Da die nicht melassierten Rübenschnitzel leicht verdauliche Rohfasern, kaum Zucker und keine Stärke enthalten, eignen sie sich auch für ältere Pferde mit empfindlichem Magen. Ältere Pferde mit Zahnproblemen profitieren ebenfalls von der Fütterung mit Zuckerrübenschnitzeln oder Zuckerrüben-Pellets, da diese eine weiche Konsistenz besitzen.
Die getrockneten und gepressten Zuckerrübenschnitzel oder Rübenschnitzel-Pellets solltest du vor dem Füttern im Verhältnis 1:4 in lauwarmem oder kaltem Wasser ausreichend lange einweichen, da sie aufgrund ihres Rohfaseranteils sehr stark aufquellen. Damit das Aufquellen nicht erst im Magen passiert, ist das lange Einweichen in jedem Fall unerlässlich, ansonsten kann es durch das Füttern von nicht eingeweichten Rübenschnitzeln beim Pferd zur Kolik oder Schlundverstopfung kommen. Deshalb ist es empfehlenswert, anfangs lieber weniger zu füttern und wichtig, die angegebenen Einweichzeiten zu beachten.
Was die Einweichzeit angeht, solltest du dich in jedem Fall an die Anweisung auf der Packungsanleitung halten. Denn auch ein zu langes Einweichen kann bei warmen Temperaturen dazu führen, dass Rübenschnitzel anfangen zu gären und dein Pferd dadurch eine Kolik bekommt. Während einfache Zuckerrübenschnitzel und Melasseschnitzel eine Mindesteinweichzeit von 6 Stunden benötigen, sind bei den Pellets sogar 8-12 Stunden Einweichzeit unerlässlich, da diese viel dichter gepresst sind. Beide Darreichungsformen nehmen während des Einweichens erheblich an Masse zu.
Alles hat bekanntlich zwei Seiten: Das gilt auch für die Fütterung von entzuckerten oder melassierten Rübenschnitzeln. Was für untergewichtige Pferde ein Vorteil ist, kann für ohnehin schon übergewichtige Pferde schnell zum Nachteil werden: die Gewichtszunahme durch den recht hohen Energiegehalt der Zuckerrübenschnitzel und vor allem der zuckerreichen Melasseschnitzel. Zudem sind zuckerreiche, melassierte Rübenschnitzel für Pferde mit Hufrehe oder Cushing Syndrom kaum empfehlenswert. Für ein Pferd mit Cushing Syndrom oder Hufrehe sind entzuckerte Rübenschnitzel mit einem maximalen Restzuckergehalt von 5 % die bessere Wahl.
Für Pferde mit EMS kann selbst der geringe Zuckergehalt von zuckerarmen Zuckerrübenschnitzeln bereits negative Auswirkungen haben. Bei einem Pferd mit EMS solltest du wegen der Fütterung mit Zuckerrübenschnitzeln also besser deinen Tierarzt um Rat fragen. Auch bei falscher Zubereitung oder einer Überfütterung mit Rübenschnitzeln kann es zu gesundheitlichen Problemen kommen. Selten kommt es nach der Fütterung mit Zuckerrübenschnitzeln dagegen zu allergischen Reaktionen in Form von Hautausschlägen mit oder ohne Juckreiz sowie Verdauungsbeschw
Prinzipiell kannst du dein Pferd das ganze Jahr über mit Zuckerrübenschnitzel füttern. Doch von Frühjahr bis Sommerende wird eine zusätzliche Fütterung mit den gehaltvollen Schnitzeln oder Pellets kaum notwendig sein, da die meisten Pferde zu dieser Zeit vermehrt auf der Koppel stehen und grasen können. Außerdem kann es gerade im Sommer während der Einweichzeit zum Gären der eingeweichten Zuckerrübenschnitzel oder Pellets kommen. Daher kommen die Ballaststoff- und energiereichen Zuckerrüben-Produkte zumeist während der langen Wintermonate zum Einsatz.
Wenn du dein Pferd mit zuckerarmen oder melassierten Rübenschnitzeln füttern möchtest, ist es ratsam, diese vor dem Einweichen abzuwiegen. Pro Tag kannst du – je nach Körperbau und Gesundheitszustand deines Pferdes – zwischen 250 g und 500 g Trockenmasse verfüttern. Diese fütterst du am besten nicht auf einmal, sondern teilst sie in zwei bis drei Mahlzeiten auf. Lässt dein Pferd trotz der kleinen Portionen etwas übrig, entfernst du die Reste einfach, damit sie nicht zu gären beginnen.
Rübenschnitzel stellen eine sinnvolle Ergänzung zum Raufutter dar – vor allem für ältere oder untergewichtige Pferde sowie für Pferde mit einem höheren Energiebedarf. Dank des hohen Pektingehaltes und weiterer Ballaststoffe profitiert auch die Verdauung des Pferdes von der Fütterung mit den eingeweichten Schnitzeln, die bei der Herstellung von Rübenzucker als Neben- oder Abfallprodukt entstehen. Solange keine gesundheitlichen Beschwerden gegen eine Fütterung mit Rübenschnitzeln oder Zuckerrüben-Pellets sprechen, bieten diese eine hervorragende Möglichkeit, Pferde zusätzlich mit Energie zu versorgen.
Quellenangaben:
https://www.dr-susanne-weyrauch.de/gesundheit/futtermittel/zuckerruebenschnitzel
https://www.pavo-futter.de/pferdefutter/allround/pavo-speedibeet/
https://www.stroeh.de/shop/Pferdefutter/Einzelfuttermittel/Ruebenschnitzel/
Ein Überblick über die Verwendung verschiedener Pferdefutterarten, Fütterungszwecke und die richtige Lagerung von Pferdefutter
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