Schlundverstopfung Pferd: Notfall oder nicht?

Ist dir schon einmal irgendetwas im Hals steckengeblieben? Dann weißt du ja, wie sich eine Schlundverstopfung anfühlt. Nicht gerade angenehm: ein Druckgefühl, das sogar die Atmung behindern kann, Hustenreiz, Würgen und starker Speichelfluss. Da entsteht schnell Panik, was die Symptome vom Speiseröhren-Verschluss natürlich noch verschlimmert.

Genau dasselbe passiert bei einem Pferd mit verstopfter Speiseröhre – nur, dass ihm niemand erklären kann, was gerade mit ihm los ist. Hinzu kommt, dass eine Schlundverstopfung das Pferd dazu bringt, bestimmte Muskeln im Hals anzuspannen. Dadurch entsteht ein Teufelskreis. Aber mit etwas Glück kannst du ihn durchbrechen.

Kennst du das Sprichwort „Ich hab schon Pferde kotzen gesehen“? Das ist ziemlich alt. Vor der Erfindung des Autos waren Pferde fast überall im täglichen Leben der Menschen präsent. Deshalb hatten die meisten Leute eine Art Praxiswissen zum Thema „Pferd“. Und es war damals einfach Allgemeingut, dass Pferde einmal verschluckte Nahrung aus anatomischen Gründen nicht mehr herauswürgen können.

Wenn jemand dieses Sprichwort benutzt, will er damit sagen, dass er schon die unwahrscheinlichsten Dinge erlebt hat. Und es ist tatsächlich schier unmöglich, dass ein Pferd den Inhalt seines Magens oder seiner Speiseröhre wieder „nach oben befördert“. Wenn sich Futterpartikel in der Speiseröhre eines Pferdes verklumpen, hilft ihm das ganze Husten und Würgen kein bisschen weiter. Im Gegenteil: Es führt sogar dazu, dass sich die Speiseröhre noch weiter verengt.

Dadurch entsteht ein Teufelskreis, der bei einem kompletten Ösophagusverschluss nur durch den Tierarzt durchbrochen werden kann. Eine leichte Schlundverstopfung beim Pferd kannst du zwar mit etwas Glück durch Massagen beseitigen – aber nur, wenn der zugeschwollene Bereich günstig liegt. Da es aber drei verschiedene kritische Zonen in der Speiseröhre von Pferden gibt, an denen eine Schlundverstopfung auftreten kann, wirst du nicht immer den „Kloß im Hals“ deines Pferdes ertasten können.

Wer wäre da nicht erst mal starr vor Schreck, wenn er ein Pferd mit ausgeprägten Anzeichen von Schlundverstopfung sähe? Trotzdem solltest du versuchen, Ruhe zu bewahren und keine unüberlegten Dinge zu tun. Mir ist es vor vielen Jahren passiert, dass ich in meiner Panik voreilig gehandelt habe. Das kam mich teuer zu stehen. Als einem meiner Pferde Schaum aus den Nüstern tropfte und es nass geschwitzt und verängstigt vor mir stand, habe ich den veterinärmedizinischen Notdienst angerufen.

Ich kam gar nicht auf die Idee, erst einmal zu versuchen, unseren Pferde Tierarzt in der Nähe zu erreichen. Da wir damals in einer Gegend mit erhöhter Tollwutgefahr lebten, bestand man in der 60 Kilometer weit entfernten Pferdeklinik darauf, das betroffene Pferd sofort mit dem Klinik-eigenen Transporter abzuholen. Bei einem Pferd mit Schlundverstopfung können nämlich einige Symptome denen von Tollwut ähnlich sein. Aber letztendlich war es dann doch eine sogenannte „Ösophagusobturation”. Allerdings hätte das auch unser Tierarzt feststellen können.

Also behalte die Nerven, eine Verlegung der Speiseröhre sieht zwar schlimm aus, ist aber gut zu therapieren. Wenn dein Pferd immer noch fressen möchte, obwohl ihm Schaum aus den Nüstern tropft, solltest du es daran hindern. Weiterer Futterbrei verschlimmert in der Regel die Blockade der Speiseröhre. Du solltest es auch nicht trinken lassen – und schon gar nicht versuchen, den Futterklumpen mit einem scharfen Wasserstrahl aus dem Wasserschlauch aufzulösen. Dadurch riskierst du, dass Wasser in seine Lunge gelangt.

Falls die Futter-Anschoppung günstig liegt, kannst du sie vielleicht sogar sehen oder auf der linken Halsseite ertasten. Dann kannst du versuchen, sie durch eine sanfte Massage nach unten zu befördern. Außerdem ist es günstig, wenn dein Pferd seinen Kopf nach unten nimmt, damit der Speichel abfließen kann. Vielleicht übst du ja mal vorsichtshalber mit ihm das Kopfabsenken auf Kommando? Auf alle Fälle solltest du spätestens dann den Tierarzt rufen, wenn sich die Schlundverstopfung nicht innerhalb von ein bis zwei Stunden gelöst hat.

Die häufigste Ursache einer Ösophagusobturation beim Pferd ist nicht ausreichend eingeweichtes Futter wie Rübenschnitzel oder bestimmte Heu-Cobs für alte Pferde. Bei meinem Pferd mit Schlundverstopfung hatten beispielsweise Kinder in der Nachbarschaft aus der Futterkammer Rübenschnitzel in Pellet-Form stibitzt. Sie wollten den Pferden etwas Leckeres anbieten, um sich mit ihnen anzufreunden. Natürlich hatte damals der Ranghöchste alle „Leckerli“ kassiert – und musste die Konsequenzen tragen.

Eine weitere Ursache für Schlundverstopfung ist unzureichend zerkleinertes Futter. Die typischen Kandidaten sind scheinbar mundgerecht zugeschnittene Apfel- und/oder Karottenstücke. Wenn sie zu klein sind, kann es passieren, dass ein Pferd sie nicht ausreichend zerkaut abschluckt. Besonders riskant ist es, gierigen Fressern diese gut gemeinten Gemüse- oder Obststückchen unter das Kraftfutter zu mischen. Sie können dann vor lauter Ungeduld im Ganzen geschluckt werden.

Wenn du einen Pferde-Senioren betreust, solltest du ihm eher Bananen oder gekochte Pellkartoffeln als Äpfelchen oder Möhren zur Belohnung geben, um das Risiko einer Schlundverstopfung zu vermeiden. Die meisten alten Pferde haben Schwierigkeiten damit, ihre Nahrung ausreichend zu zerkleinern. Selbst wenn sie noch Heu fressen können, zermahlen sie die Stängel nicht mehr so effektiv wie ein junges Pferd.

Unser Tipp: Willst du wissen, ob dein Senior noch gut kauen kann? Das kannst du gut erkennen, wenn du seine Pferdeäpfel mit denen von jüngeren Pferden vergleichst. Bei jungen Pferden sind die verdauten Heupartikel wesentlich kürzer als bei alten.

Mein Pferd hatte damals keine Futterpartikel im Schaum vor den Nüstern. Nicht eingeweichte Rübenschnitzel quellen im feuchten Milieu der Speiseröhre dermaßen stark auf, dass nichts mehr nach oben oder nach unten rutschen kann. Aber in den meisten Fällen befinden sich bei einem Pferd mit Schlundverstopfung Futterteilchen im Nasenausfluss.

Das allein reicht schon aus, um deinen Tierarzt sicher erkennen zu lassen, dass er es mit einer Ösophagusobturation zu tun hat. Im Zweifelsfall oder zur Untermauerung seiner klinischen Diagnose setzt er vielleicht eine Nasenschlundsonde. Wenn diese nicht ungehindert bis in den Magen vordringen kann, ist die Schlundverstopfungs-Diagnose gesichert.

Die Speiseröhre mündet beim Pferd in einem spitzen Winkel in den Magen ein. Deshalb können Pferde auch nicht erbrechen. Die meisten Schlundverstopfungen entstehen genau dort. Das unzureichend gekaute oder aufgequollene Futter setzt sich häufig an diesem kritischen Punkt fest. Dadurch entstehen Spasmen, welche den Durchgang noch weiter verengen.

Schlimmstenfalls spürt das Pferd anfangs nichts von der Blockade seiner Speiseröhre und frisst weiter. Das kann zur Folge haben, dass sich der gesamte Ösophagus zusetzt. In jedem Fall wird ein Tierarzt zuerst einmal versuchen, dem erkrankten Pferd eine Nasenschlundsonde zu setzen. Die meisten Pferde mit Schlundverstopfung sind aber im Panik-Modus und widersetzen sich wahrscheinlich der Prozedur.

Deshalb wird das betroffene Pferd oft sediert, was außerdem einen positiven Effekt auf das Krankheitsgeschehen hat: die Spasmen in der Speiseröhre werden dadurch meistens reduziert. So ist es einfacher, durch wechselweises Pumpen und Spülungen mit Wasser die Futter-Anschoppung aufzulösen und in den Magen zu befördern. Chirurgische Eingriffe sind nur in den seltensten Fällen nötig – und werden hauptsächlich bei organischen Schäden wie Verengungen der Speiseröhre oder Tumoren eingesetzt.

Wenn du den Abschnitt „Schlundverstopfung Pferd Ursache“ aufmerksam gelesen hast, ist dir jetzt wahrscheinlich schon klar, wie du einer Verlegung der Speiseröhre bei deinem Pferd vorbeugen kannst. Achte darauf, quellfähige Futtermittel entsprechend der Herstellerangaben einzuweichen. Vorsicht!!! Länger ist nicht immer besser.

Bei warmem Wetter fangen Rübenschnitzel zum Beispiel schnell an zu gären, wenn sie zu lange eingeweicht wurden. Außerdem sollte es selbstverständlich sein, dass du jedes Jahr zumindest ein Mal einen Pferdezahnarzt kommen lässt, um das Gebiss deines Pferdes zu untersuchen. Und selbst wenn sein Gebiss in Ordnung ist: Bei alten Pferden solltest du vorsichtshalber auf „weiche Leckerli“ ausweichen.

Schlundverstopfung Pferd: ein Grund zur Panik? Eher nicht. Dein Pferd ist nicht am Ersticken – es riskiert aber eine Aspirations-Pneumonie, wenn du nichts unternimmst. Und die kann tödlich enden. Falls du keine Verdickung auf der linken Halsseite entdecken kannst, solltest du einen Fachtierarzt für Pferde aus deiner Gegend kommen lassen. Er wird dir für seine Intervention etwa 200.- € berechnen. Wenn du am Hals „eine Beule“ findest, kannst du vorher versuchen, sie durch eine sanfte Massage nach unten zu befördern.

Quellenangaben

https://www.msdvetmanual.com/horse-owners/digestive-disorders-of-horses/disorders-of-the-esophagus-in-horses#Obstruction-of-the-Esophagus-(Choke)_v3217712

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7152054/

https://ceh.vetmed.ucdavis.edu/health-topics/esophageal-obstruction-choke-horses

https://flexikon.doccheck.com/de/Schlundverstopfung_(Pferd)#:~:text=Leitsymptom%20einer%20Schlundverstopfung%20ist%20eine,dem%20Mund%20auszutreten

https://www.tierspital.uzh.ch/pferdekliniken/schlundverstopfung/