Zahlreiche Pferde mit Karpfenrücken wirken trotz ihres Gebäudefehlers ziemlich fit. Sie scheinen zumindest keine offensichtlichen Schmerzen zu haben. Viele von ihnen werden sogar geritten, ohne dass sie Lahmheiten zeigen oder im Rücken empfindlich reagieren. Allerdings ist das Reiten auf einem Pferd mit einer solchen Missbildung nicht unbedingt angenehm.
Die deformierte Lendenwirbelsäule hindert den Pferderücken am Schwingen. Deshalb sind die Gänge dieser Pferde bretthart zu sitzen. Hinzu kommt, dass der Rücken nur wenig Tragkraft besitzt und die Hinterhand Gebäude-bedingt kaum Schub entwickeln kann. Aber in vielen Fällen lässt sich ein Karpfenrücken durch eine Kombination aus Therapie und Training kompensieren.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Der umgangssprachliche Ausdruck „Karpfenrücken“ steht für eine angeborene oder erworbene Aufwärtskrümmung der Lendenwirbelsäule beim Pferd. Sie betrifft fast immer die vorderen Wirbel (L1 bis L3) im Lendenbereich. Veterinärmediziner nennen diese Deformation der Wirbelsäule „Kyphose“. Pferde mit einer Kyphose haben einen schwachen Rücken und sind – wenn überhaupt – reiterlich nicht voll belastbar.
Normalerweise hat der Rücken eines Pferdes seinen Tiefpunkt hinter dem Widerrist und steigt von dort aus wieder zur Kruppe an. Bei alten Pferden kann sich diese Abwärtstendenz verstärken, sodass sie einen Senkrücken (Lordose) entwickeln. Die Kyphose beim Pferd ist genau das Gegenteil einer Lordose: Anstelle sich nach unten zu biegen, wölbt sich der Rücken nach oben – allerdings nur im Lendenbereich.
Manche Pferde mit Kyphose zeigen keinerlei Anzeichen von Schmerzen, haben aber degenerierte Lendenwirbel, deren Zustand sich durch die Belastung des Rückens massiv verschlechtern kann.
Kann man ein Pferd mit Karpfenrücken reiten?
Das kommt auf den Einzelfall an. Es ist sicher nicht sehr verantwortlich, ein Pferd mit einer Kyphose „einfach so“ zu reiten. Du solltest in jedem Fall vorher abklären lassen, ob dein Pferd schmerzfrei ist. Außerdem ist es wichtig festzustellen, ob bereits Schäden entstanden sind, die durch das Reiten verschlimmert werden könnten.
Generell solltest du davon ausgehen, dass ein Pferd mit dieser Beeinträchtigung keinen Erfolg bei Dressur- oder Springturnieren haben wird und auch nur relativ wenig Gewicht tragen kann. Es gibt aber bestimmt andere Aufgaben, die es gut erfüllen kann.
Wer ein Pferd mit angeborenem Karpfenrücken besitzt, hatte entweder Pech bei der Zucht oder keinen erfahrenen Berater an seiner Seite, der ihn beim Pferdekauf auf etwaige Mängel aufmerksam machen konnte. Eine erworbene Kyphose ist ein anderes Thema: Sie entsteht durch äußere Umstände wie Traumata oder physiologische Veränderungen durch Schonhaltungen aufgrund von Schmerzen. Ein erworbener Karpfenrücken kann durch simple Auslöser wie untergezogene Trachten, unpassende Sättel oder wiederholte Reheschübe verursacht werden.
Hier ein Überblick über mögliche Ursachen einer equinen Kyphose:
Die Ursache für eine angeborene Kyphose beim Pferd ist noch nicht endgültig wissenschaftlich abgeklärt. Forscher vermuten, dass sie entweder genetisch bedingt ist oder durch eine ungünstige Position des Embryos in der Gebärmutter verursacht werden könnte. Die meisten angeborenen Kyphosen werden erstmals bei Fohlen im Alter von 6 bis 12 Monaten bemerkt. Angeborene Wirbelsäulenverkrümmungen bei Pferden haben eine deutlich ungünstigere Prognose als erworbene.
Primäre Kyphosen bei Pferden
„Primäre Kyphose“ bedeutet, dass die Verletzung von Weichteilen oder die Deformation von Lendenwirbeln für die Aufwölbung der Lendenwirbel verantwortlich sind. Es ist also eine organische Ursache, die genau dort Symptome provoziert, wo die Läsion vorliegt. Diese Art von Kyphose hat eine recht gute Prognose, selbst wenn manchmal ein chirurgischer Eingriff in einer Pferdeklinik notwendig sein könnte.
Sekundäre Kyphosen bei Pferden
Als „sekundäre Kyphosen“ werden Aufwärtskrümmungen im Lendenwirbelbereich bezeichnet, deren Ursachen an anderer Stelle liegen. Dabei geht es zumeist um den Versuch des betroffenen Pferdes, seine Schmerzen durch eine Schonhaltung zu reduzieren. Ein klassisches Beispiel ist die typische Sägebockstellung bei einer Hufrehe. Bei der Sägebockhaltung kippt das Becken durch die weit unter den Bauch gestellten Hinterbeine ab und die Lendenwirbelsäule wölbt sich auf.
Wenn du nicht sicher bist, ob dein Pferd einen Karpfenrücken hat oder nicht, brauchst du nicht unbedingt gleich den Tierarzt zu holen. Ein kompetenter Pferdeosteopath kann eine Kyphose beim Pferd ebenso erkennen wie ein Veterinärmediziner. Vielleicht kann er bei dieser Gelegenheit auch gleich ein paar Griffe anwenden, die bei deinem Pferd Verspannungen lindern.
Wenn tatsächlich eine Kyphose vorliegt, sollte dein Pferd anschließend geröntgt werden. Nur so kann man erkennen, ob durch die Wirbelsäulenverkrümmung eventuell Schäden an Wirbeln oder Weichteilen entstanden sind.
Selbst wenn danach eine medikamentöse Therapie oder sogar eine OP nötig sein sollte: Jedes Pferd mit Kyphose profitiert von einer Behandlung durch einen guten Physiotherapeuten und/oder Osteopathen.
Spanische Barockpferde – also Andalusier und P.R.E. – haben bisweilen eine Rückenlinie, die von der üblichen Norm etwas abweicht. Bei diesen Pferden steigt die Wirbelsäule hinter der Sattellage stärker an als beispielsweise bei Warmblütern. Der leicht konkave Bogen hat aber einen „weichen“ Verlauf und fügt sich harmonisch in die gesamte äußere Erscheinung ein.
Eine ausgeprägte Kyphose wirkt hingegen unharmonisch und unterbricht optisch den Verlauf der Rückenlinie. (Das nur, damit nicht plötzlich vermehrt Besitzer von Barockpferden Termine bei Pferde-Osteopathen reservieren.)
Wie auch bei anderen orthopädischen Erkrankungen sind Röntgenaufnahmen das Diagnosemittel der Wahl, wenn es um einen Karpfenrücken beim Pferd geht. Natürlich wird dein Tierarzt vorher auch eine klinische Untersuchung durchführen. Dabei tastet er unter anderem die Wirbelsäule deines Pferdes ab, um herauszufinden, ob es irgendwelche Schmerzreaktionen zeigt.
Erfahrene Fachtierärzte für Pferde haben oft schon nach der sogenannten „Adspektion“ (dem optischen Eindruck) einen Verdacht, was die Kyphose bei deinem Pferd ausgelöst haben könnte. Diese Ursache sollte unbedingt gefunden werden, weil es sonst kaum möglich ist, ein nachhaltiges Therapiekonzept zu erstellen. Deshalb wird dir dein Tierarzt bei seiner Untersuchung wahrscheinlich ziemlich viele Fragen stellen.
Die fachkundige Behandlung eines Karpfenrückens beim Pferd zeigt fast ausnahmslos positive Resultate. Ist bei erworbenen Kyphosen die Ursache einmal abgeklärt, können diese gezielt angegangen werden. Ganz gleich, ob es sich um die Auswirkungen eines falschen Sattels, Schmerzen in der Hinterhand oder eine örtliche Muskelzerrung handelt: Die Behandlung der Schmerzen in Kombination mit Physiotherapie und einem individuell zugeschnittenen Trainingsprogramm ist ziemlich erfolgversprechend.
Selbst bei einem angeborenen Karpfenrücken zeigen diese Behandlungsansätze einen positiven Effekt, auch wenn man hier geduldiger auf offensichtliche Resultate warten muss. Sobald klar ist, dass das Pferd unter dem Reiter keine Schmerzen hat, liegt der Schwerpunkt auf konsequentem Vorwärts-Abwärts-Training zur Stärkung der langen Rückenmuskulatur. Diese kann langfristig die Tragkraft der deformierten Wirbelsäule unterstützen und so dazu beitragen, dass betroffene Pferde für leichte Arbeiten eingesetzt werden können. Pferde-Physiotherapeuten und Pferde-Osteopathen können natürlich zu dieser Entwicklung wesentlich beitragen.
Eine Deformation der Wirbelsäule ist medikamentös nur insofern zu beeinflussen, dass etwaige Schmerzen gelindert oder Schwellungen abklingen können. Glücklicherweise setzen immer weniger Fachtierärzte für Pferde auf Kortikosteroide (Kortison), um die Symptome eines chronischen Zustands verschwinden zu lassen. So eine „Therapie“ ist nicht nachhaltig und birgt zudem einige Gefahren – wie beispielsweise das Risiko für eine Kortison-bedingte Hufrehe. Neuerdings wurde sogar herausgefunden, das auch NSAIDs (nicht-stereoidale Entzündungshemmer) wie Phenylbutazon oder Flunixin eine Rehe provozieren können.
Chronische Verspannungen können durch medikamentöse Muskelrelaxantien positiv beeinflusst werden. Eine Massage vom Physiotherapeuten hat aber unter Umständen denselben Effekt – und wirkt noch dazu zumeist genau dort, wo es nötig ist. Bei chronischen Zuständen wie beim Karpfenrücken kann auch die Homöopathie zahlreiche Erfolge verbuchen. Die homöopathische Behandlung chronischer Krankheiten gehört aber keinesfalls in die Hände von Laien. Du brauchst dazu einen erfahrenen Tierheilpraktiker, der in der Lage ist, ein passendes homöopathisches Heilmittel in hoher Potenz auszuwählen.
Da noch nicht belegt werden konnte, dass ein angeborener Karpfenrücken keine genetischen Ursachen hat, sollten Pferde mit dieser Missbildung nicht zur Zucht eingesetzt werden. Manche erworbenen sekundären Kyphosen sind vermeidbar, wenn mehr Augenmerk auf den korrekten Sitz des Sattels gelegt wird. Ansonsten kannst du nur verstärkt darauf achten, ob dein Pferd eventuell chronische Schmerzen in der Hinterhand hat, um die Entstehung eines Karpfenrückens zu vermeiden.
Ein Karpfenrücken beim Pferd ist eher selten und stellt eine Minderung des Gebrauchswerts dar. Pferde mit einer Kyphose haben einen schwachen Rücken und sollten nicht stark beansprucht oder zur Zucht eingesetzt werden. Da der Rücken im Bereich der Lendenwirbel nicht mitschwingen kann, sind Pferde mit einem Karpfenrücken nicht besonders angenehm zu sitzen.
Die Fehlstellung der Lendenwirbel lässt sich bei angeborenen Kyphosen kaum korrigieren. Durch ein individuell angepasstes Training können jedoch die langen Rückenmuskeln soweit gestärkt werden, dass sie diese Missbildung teilweise kompensieren. Dadurch wird die Tragkraft des Pferderückens gestärkt. Erworbene Kyphosen sind teilweise komplett therapierbar.
Quellenangaben
https://flexikon.doccheck.com/de/Beckeng%C3%BCrtelmuskulatur_(Veterin%C3%A4rmedizin)
https://www.scarsdalevets.com/wp-content/uploads/2019/09/The-Equine-Back.pdf
Hier findest du gut strukturierte Beschreibungen sämtlicher wichtiger Pferdekrankheiten – für medizinische Laien verständlich erklärt.
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