Dein Pferd tritt schon seit einer Weile hinten nicht mehr so gut unter wie früher? Oder zeigen vielleicht seine Vorderbeine nur wenig Raumgriff? Das kann viele verschiedene Ursachen haben: Ein Sattel, der in der Schulter zu eng sitzt, ein neues Gebiss, sein Körperbau, der Boden auf dem Reitplatz, fehlerhafte Hufbearbeitung oder die Reitweise. Nicht jedes Pferd ist mit schwungvollen Gängen gesegnet und die meisten Freizeitreiter haben keine Dressurambitionen. Vielen fällt es nicht einmal unbedingt auf, wenn ihr Pferd eine leichte Hangbeinlahmheit zeigt. Dabei wäre es günstig, einen Fesselträgerschaden beim Pferd schon möglichst frühzeitig zu erkennen.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Der Fesselträger ist ein Gurtartiges sehniges Band, das – neben weiteren Funktionen – das Fesselgelenk stabilisiert. Genau wie andere Sehnen entspringt der Fesselträger bei Pferden eigentlich einem Muskel, dem Musculus interosseus medius. Während der Evolution der Pferde haben sich aber die Muskelfasern immer weiter zurückgebildet, sodass heute nur noch rudimentäre Reste davon übrig geblieben sind.
Am oberen Teil des Röhrbeins entspringt der Fesselträger am sogenannten „Fesselträgerursprung“. Der Fesselträgerkörper zieht sich dann in Richtung Huf nach unten und teilt sich in vier Schenkel. Diese setzen an den Gleichbeinen des Fesselbeins und am eigentlichen Fesselbein an. Die kräftige Sehne ist vor allem in ihrem oberen Bereich ziemlich tief in das umliegende Gewebe und teilweise zwischen Knochen eingebettet. Sie wird von Faszien umhüllt und verläuft über eine längere Distanz zwischen den Griffelbeinen.
Eine wissenschaftliche Studie (DOI: 10.1111/j.2042-3306.1984.tb02011.x) hat übrigens ergeben, dass ein Fesselträgerschaden beim Pferd in vielen Fällen mit einem Griffelbeinbruch im unteren Bereich des Griffelbeins einhergeht. Wissenschaftler vermuten, dass sich die Position der minimal beweglichen Enden der Griffelbeine durch die angeschwollene Sehnen verändert, was letztendlich zu einer Ermüdungsfraktur führen kann. Behalte das also im Kopf, falls bei deinem Pferd eine Griffelbeinfraktur diagnostiziert wird.
Ein Fesselträgerschaden beim Pferd – im medizinischen Fachjargon SLD (Suspensional Ligament Desmitis) oder Fesselträger-Desmitis genannt – kann am Fesselträgerursprung, am Fesselträgerkörper oder am Fesselträgeransatz auftreten. Fesselträgerursprung-Desmitis (FTUD) entsteht hauptsächlich an den Hinterbeinen und tritt zumeist bei Springpferden auf. Fesselträgerkörper-Desmitis (FTKD) wird hauptsächlich bei Rennpferden diagnostiziert. Die Fesselträgerschenkel-Desmitis (FTSD) kommt oft bei Dressurpferden, aber auch bei Springpferden vor, und ist häufig mit einem Griffelbeinbruch verbunden.
Obwohl Fesselträgerentzündungen hauptsächlich bei Sportpferden auftreten, gibt es sie doch auch bei Freizeitpferden jeden Alters und sämtlicher Rassen – und werden immer öfters diagnostiziert.
Für Pferdehalter ist es nicht immer ganz einfach, einen Fesselträgerschaden beim Pferd zu erkennen. Die meisten Pferde mit einer Fesselträgerentzündung lahmen nicht beim Auffußen (Stützbeinlahmheit), sondern während der Huf nach vorne geführt wird (Hangbeinlahmheit). Wenn nur ein einziges Bein betroffen ist, mag das erfahrenen Reitern vielleicht schon relativ früh auffallen. Aber leider tritt die Erkrankung zumeist beidseitig auf – also entweder an beiden Vorder- oder beiden Hinterbeinen.
Das bedeutet, dass die Bewegungen von Pferden mit Fesselträgerschäden symmetrisch ablaufen können, auch wenn ihre Sehnen geschädigt sind. Da sich ein Fesselträgerschaden beim Pferd zumeist langsam entwickelt, fällt eine Lahmheit häufig erst dann auf, wenn sie sehr ausgeprägt ist. FTKD und FTSD entstehen oft durch ein Trauma und sind zumeist akute Zustände. FTUD ist der häufigste Sehnenschaden beim Pferd und kann sowohl akut als auch chronisch sein. Je nach Lokalisation des Schadens treten unterschiedliche Symptome auf.
Schaden am Fesselträgerursprung (FTUD):
Schaden am Fesselträgerkörper (FTKD):
Schaden an den Fesselträgerschenkeln (FTSD):
Bei Spring- und Rennpferden ist eine Überlastung im Training – und vor allem das Antrainieren in zu jungem Alter – der Hauptgrund für diesen Sehnenschaden. Dressurpferde entwickeln bei zu intensivem Training oft eine Fesselträgerentzündung wegen der starken Belastung ihrer Gelenke im Mitteltrab und bei Seitengängen. Andererseits können Fesselträgerschäden bei Pferden aber auch durch Fehlstellungen der Hufe und durch anatomische Eigenheiten wie ein sehr gerades Sprunggelenk entstehen.
Reiten auf zu hartem Boden (z.B. Traben auf Asphalt) oder zu tiefer Boden in der Reithalle können ebenso einer Fesselträgerentzündung Vorschub leisten. In jedem Fall entsteht ein Fesselträgerschaden beim Pferd über einen längeren Zeitraum hinweg durch die Überbelastung der Sehnen im Fesselbereich. Durch die wiederholte Überstreckung des Tarsal- oder Karpalgelenks entstehen Mikrorisse in der Sehne. Der Pferdeorganismus reagiert darauf mit einer Entzündung, um die so entstehenden toten Zellen etc. abzubauen. Besteht ein Fesselträgerschaden beim Pferd über einen längeren Zeitraum, können ganze Bündel von Sehnenfasern zerreißen.
Am Anfang der Diagnose eines Fesselträgerschadens beim Pferd steht die klinische Untersuchung. Das bedeutet, dass der Tierarzt dein Pferd anschaut und dabei auf Krankheitssignale wie z.B. ein Schmerzgesicht oder eine Schonhaltung achtet. Er tastet seine Beine ab, macht eine Beugeprobe und lässt sich das Pferd in Schritt und Trab auf unterschiedlichen Böden vorführen.
Je nach vorläufigem Befund wird er im Anschluss Ultraschalluntersuchungen vornehmen und Röntgenaufnahmen erstellen, um festzustellen, ob alle beteiligten Knochen intakt sind. Über eine Leitungsanästesie lässt sich in den meisten Fällen herausfinden, an welcher Stelle das Problem lokalisiert ist. Oft folgt dieser eine weitere Ultraschalluntersuchung des betroffenen Bereichs.
Die sichere Diagnose einer Fesselträgerursprung-Desmitis mittels bildgebender Verfahren ist aufgrund ihrer Lage ziemlich schwierig, da der betroffene Bereich das Röhrbein direkt überlagert. Hinzu kommt, dass sich an dieser Stelle nur selten Schwellungen zeigen. Ein Fesselträgerschaden beim Pferd kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein: von einer vorübergehenden Reizung über eine schmerzhafte Zerrung bis hin zum Abriss von ganzen Faserbündeln und Knochenfragmenten.
Bei einer akuten Fesselträgerentzündung wird Boxenruhe und Kühlung – z.B. durch einen Angussverband – verordnet. Außerdem werden zumeist entzündungshemmende und abschwellende Medikamente eingesetzt. Falls die Verletzung nicht größer als die Hälfte des Sehnenquerschnitts ist und dein Pferd nur im Trab lahmt, sollte es in Absprache mit deinem Tierarzt täglich an der Hand im Schritt bewegt werden. Nach etwa einem Monat sollte eine weitere Ultraschalluntersuchung vorgenommen werden. Aufgrund der Ergebnisse empfiehlt dir dann dein Tierarzt weitere Schritte zum Antrainieren deines Pferdes.
Du solltest dir aber darüber im Klaren sein, dass ein Fesselträgerschaden beim Pferd bis zu einem ganzen Jahr benötigen kann, um endgültig auszuheilen. In den ersten Wochen bis Monaten kannst du dein Pferd natürlich nicht reiten. Bei der Heilung muss zerstörtes Gewebe abgebaut und neues Gewebe aufgebaut werden. In gut durchbluteten Körperteilen geht das relativ schnell. Sehnen haben aber keine eigene Blutversorgung und der durchblutete Muskelanteil des Fesselträgers ist verschwindend gering. Deshalb dauert es sehr lange, bis Sehnenverletzungen geheilt sind.
Ein chronischer Fesselträgerschaden bei Pferden, die im Leistungssport eingesetzt werden, wird oft kurzfristig durch kortisonhaltige Injektionen „therapiert“. Diese Symptombehandlung funktioniert anfangs ziemlich gut. Mit der Zeit müssen aber die Abstände zwischen den Injektionen aber immer kürzer gewählt werden – und eines Tages wirken sie überhaupt nicht mehr. Insbesondere bei einer Fesselträgerursprung-Desmitis an den Hinterbeinen hilft dann zumeist nur noch ein „Nervenschnitt“: die chirurgische Entfernung eines bestimmten Nervenasts, damit das Pferd möglichst schmerzfrei leben kann. Es darf dann allerdings nicht mehr auf Turnieren starten.
Sei deinem Pferd zuliebe kritisch. Würdest du eine Sehnenzerrung an deinem Fuß mit Nahrungsergänzungsmitteln behandeln? Futterergänzungsmittel unterstützen nicht unbedingt die Therapie eines Fesselträgerschadens beim Pferd und sollten generell nur in Absprache mit einem Tierarzt verabreicht werden. Homöopathische Mittel wie Symphytum (zur Unterstützung der Heilung) oder Arnika (direkt nach dem Auftreten eines Traumas) können die schulmedizinische Behandlung einer Fesselträger-Desmitis positiv beeinflussen. Sie ersetzen aber keine Beratung durch Fachspezialisten wie Hufschmiede, Tierärzte oder Pferde-Ostheopathen.
Für Anhänger natürlicher Therapiemethoden gibt es aber einen Lichtblick in puncto Fesselträgerschaden beim Pferd. 2017 wurden in der veterinärmedizinischen Fakultät der Aristoteles-Universität in Thessaloniki sieben Pferde, die an den Hintergliedmaßen unter einer Fesselträger-Desmitis am Fesselträgerursprung litten, mit einer alternativen, minimalinvasiven Methode behandelt. Je nach Schweregrad der Läsion waren alle sieben Pferde innerhalb von zwei bis drei Monaten wieder voll einsatzfähig. Dazu wurde eine retrospektive Studie erstellt.
Wenn du dir einen Tierarzt ausgesucht hast, der auch natürliche Heilmethoden in Betracht zieht, solltest du ihn auf diese Studie aufmerksam machen:
TYRNENOPOULOU (Π. ΤΥΡΝΕΝΟΠΟΥΛΟΥ) P., & DIAKAKIS (Ν. ΔΙΑΚΑΚΗΣ) N. (2017). Alternative treatment for proximal suspensory desmitis in the hind limb: retrospective study in seven horses. Journal of the Hellenic Veterinary Medical Society, 65(4), 265–272. https://doi.org/10.12681/jhvms.15575
Auch wenn in manchen Fällen eine genetische Disposition für Fesselträgerschäden vorhanden ist, treten sie doch zumeist erst unter Belastung auf. Achte darauf, dein Pferd immer mindestens zehn Minuten warm zu reiten, bevor du von ihm Leistung verlangst. Kaufe kein Jungpferd, das bereits mit drei Jahren eingeritten wurde. Die meisten Pferde sind erst mit sechs Jahren völlig ausgewachsen.
Ein zu weicher Untergrund belastet die Sehnen – vermeide längere Ritte durch Matsch oder tiefen Sand. Andererseits belastet es die Sehnen deines Pferdes auch überproportional, wenn es auf Asphaltstraßen oder ähnlichen sehr harten Untergründen traben muss. Außerdem liegt bergab extrem viel Gewicht auf der Vorhand deines Pferdes. Wenn du seine Sehnen schonen möchtest, solltest du auf Ausritten bei steilen Bergab-Passagen absitzen und führen.
Falls du Dressurambitionen hast, überfordere den Organismus deines Pferdes nicht durch zu viele Seitengänge und verlange im Training nur gelegentlich Trabverstärkungen. Westernreiter sollten sich darüber im Klaren sein, dass Sliding Stopps und Spins auch mit Spezialeisen und optimiertem Untergrund Sehnenkiller sind – und keinesfalls exzessiv geübt werden sollten. So kannst du dazu beitragen, einen Fesselträgerschaden bei deinem Pferd zu vermeiden.
Wie entsteht ein Fesselträgerschaden beim Pferd?
Schäden am Fesselträger gehören zu den häufigsten Ursachen einer Lahmheit bei Pferden. Bei den meisten erkrankten Tieren befindet sich die Läsion am Fesselträgerursprung: dort, wo der Fesselträger aus dem Röhrbein entspringt. Akute Fesselträgerentzündungen können durch eine Zerrung, ein Trauma oder durch eine einmalige Überlastung entstehen.
Zumeist ist die Schädigung des Fesselträgers beim Pferd aber schon fortgeschritten, wenn sie schließlich bemerkt wird. Oft ist sie eine Folge von Überlastung beim Springen oder Dressurreiten. Sie kann aber auch genetische Ursachen haben wie beispielsweise bei einigen Blutlinien der Paso Peruanos. Außerdem haben Pferde mit schwach gewinkelten Sprunggelenken und/oder langen Fesseln ein größeres Risiko, einen Fesselträgerschaden zu entwickeln.
Wie läuft ein Pferd mit Fesselträgerschaden?
Wenn der Fesselträger beim Pferd gereizt ist, erscheint das Gangbild fast immer normal. Den einzigen Hinweis auf einen möglichen Fesselträgerschaden erhältst du beim Reiten. Viele betroffene Pferde nehmen die Schenkelhilfen auf der Innenseite einer Biegung schlechter an als zuvor.
Zeigt sich bei fortschreitender Schädigung des Fesselträgers schließlich eine Lahmheit, geht es durchweg um eine Hangbeinlahmheit. Das bedeutet, dass die Pferde beim Vorführen der betroffenen Beine Schmerzen haben, wodurch der Raumgriff abnimmt. Leider fällt das anfangs nur den wenigsten Reitern auf.
Wie macht sich ein Fesselträgerschaden bemerkbar?
Der Fesselträger beim Pferd entspringt etwas unterhalb des Erbsenbeins im oberen Drittel des Röhrbeins. Bei den meisten Pferden mit Fesselträgerschaden sitzt das Problem genau dort: am Fesselträgerursprung. Ist das der Fall, zeigen betroffene Pferde häufig Schmerzreaktionen, wenn du an dieser Stelle Druck auf den Fesselträger ausübst.
Wenn der Ansatz an den Gleichbeinen oder der Corpus des Fesselträgers geschädigt ist, kann sich der betroffene Bereich wärmer anfühlen als das umliegende Gewebe. Eine ausgeprägte Schwellung am Fesselträger beim Pferd ist eher selten.
Sie entsteht zumeist bei ernsthaften Schäden - wie zum Beispiel einem Fesselträgerschaden mit Knochenbeteiligung. Da Läsionen am Fesselträger vorwiegend beidseitig auftreten, ist es bei weniger gravierenden Schädigungen eher schwierig am Gangbild zu erkennen, ob bei einem Pferd der Fesselträger gereizt sein könnte. Allerdings kann eine positive Zehenbeugeprobe darauf hinweisen, dass der Fesseltrageapparat geschädigt sein könnte.
Bei positiver Beugeprobe, deutlicher Lahmheit oder einer Schwellung um die Beugesehnen deines Pferdes solltest du einen Termin mit dem Tierarzt vereinbaren.
Kann man einen Fesselträgerschaden operieren?
Wer eine OP Versicherung für Pferde abgeschlossen hat oder nicht auf sein Budget achten muss, kann mit einer Fesselträger-OP die Heilung eines chronischen Schadens am Fesselträger seines Pferdes in die Wege leiten. Allerdings dürfen die Tiere nach einer Fesselträgeroperation auch nach völliger Wiederherstellung aus Tierschutzgründen nicht mehr auf Turnieren starten.
In den letzten Jahren haben sich die Operationsmethoden bei Sehnenschäden am Pferd ungeheuer weiterentwickelt. Entsprechend ausgerüstete Pferdekliniken können mittlerweile bei Pferden vor der eigentlichen Operation eine computertomografische Untersuchung (CT) durchführen. Im Anschluss daran wird die OP geplant und direkt in derselben Narkose ausgeführt.
Quellenangaben
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S074907391730319X
https://flexikon.doccheck.com/de/Fesseltr%C3%A4ger-Desmitis_(Pferd)
http://www.farriery.eu/articles/02-2014.htm
https://www.msdvetmanual.com/musculoskeletal-system/lameness-in-horses/suspensory-desmitis-in-horses
https://ejournals.epublishing.ekt.gr/index.php/jhvms/article/view/15575
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