Erstveröffentlichung am 31.01.2023 - Die guten Haltungsbedingungen in Deutschland bringen es mit sich, dass unsere Pferde immer älter werden. Ganz wie beim Menschen machen sich mit fortschreitendem Alter auch beim Pferd gewisse Gesundheitseinschränkungen bemerkbar.
Wenn beim eigenen Pferd die Zahnkrankheit EOTRH diagnostiziert wird, schalten viele Pferdehalter erst einmal auf „Alarmstufe Rot“. Sie fragen sich, ob ein Pferd ohne Zähne leben kann oder wie sie erkennen können, ob ihr Pferd Zahnweh hat.
In den nächsten Absätzen findest du die Antworten auf alle wichtigen Fragen zum Thema EOTRH beim Pferd.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Wenn du dir den wissenschaftlichen Namen der Erkrankung – „Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis“ – genauer anschaust, ist damit eigentlich schon viel gesagt. Auf Deutsch würden wir sagen „equine odontoklastische Zahnresorption und Hyperzementose“. Was das bedeutet? Das ist in etwa der Verlauf bei EOTRH: Anfangs bauen sogenannte „Odontoklasten“ die Zahnsubstanz ab. Odontoklasten sind eine Art Riesenzellen mit mehreren Kernen. Sie schaffen ein saures Milieu, das die Pferdezähne angreift.
Oft versucht der Pferdeorganismus, diese angegriffenen Bereiche zu reparieren, indem er sie mit dem sogenannten „Zahnzement“ auffüllt. Dabei übertreibt er allerdings und bildet unter anderem die typischen knollenförmige Verdickungen an den Zahnwurzeln. Bald liegt dann das Zahnfleisch nicht mehr eng an den Zahnhälsen und es entstehen sogenannte „Zahnfleischtaschen“. Dort können sich Bakterien etc. optimal vermehren, was zum schnellen Fortschreiten der Zahnerkrankung führt. Eine ähnliche Erkrankung (FORL) ist übrigens auch bei Katzen sehr weit verbreitet.
Zur effizienten Behandlung der equinen odontoklastischen Zahnresorption und Hyperzementose wird aktuell intensiv geforscht. Sie ist aber bisher noch nicht heilbar. Wenn sie rechtzeitig erkannt und therapiert wird, muss EOTRH beim Pferd die Lebenserwartung nicht unbedingt verringern. Selbst nach einer Zahnextraktion kann ein Pferd ohne Schneidezähne immer noch weiden oder Raufutter fressen – allerdings in wesentlich geringeren Mengen als ein gesundes Tier. Es braucht zusätzlich Heu-Cobs oder andere leicht zu zerkleinernde Futterzubereitungen. Bei sorgfältiger Pflege und angemessener Ernährung kann es noch viele Jahre lang leben.
Wenn wir einen kranken Zahn haben, lassen wir ihn spätestens dann vom Zahnarzt behandeln, wenn er anfängt weh zu tun. Die Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis wird leider viel zu oft nicht frühzeitig erkannt, weil sich die meisten Pferde ihre Schmerzen nicht anmerken lassen. Als Beutetiere können sie es sich nicht leisten, offensichtliche Schwäche zu zeigen, weil sie sonst leichter von Raubtieren attackiert würden.
Selbst wenn erkrankte Pferde Verhaltensänderungen zeigen, kommt kaum jemand auf die Idee, dass die Ursache dafür Zahnschmerzen sein könnten. Die meisten Reiter gehen erst bei Abmagerung oder Problemen beim Fressen davon aus, dass der Grund dafür bei den Zähnen liegen könnte. Deshalb ist es so wichtig, mindestens ein Mal im Jahr einen Pferdezahnarzt kommen zu lassen, auch wenn dein Pferd keine offensichtlichen Symptome einer Zahnerkrankung zeigt. Der EOTRH Verlauf beginnt zumeist an den Eckzähnen der Schneidezähne und befällt später Mittelzähne und Zangen.
Hier eine Reihe von Symptomen, die bei EOTRH beim Pferd auftreten können:
Die Ursachen für Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis sind noch nicht endgültig geklärt. Es wird vermutet, dass bei der Entstehung der Krankheit unterschiedliche Faktoren zusammenspielen. Dazu gehören eventuell Nekrosen (absterbendes Gewebe) aufgrund mangelhafter Durchblutung, die stärkere mechanische Belastung aufgrund der flacheren Zahnstellung bei älteren Pferden sowie genetische Faktoren.
Bisher gibt es noch keine Studie zur Häufigkeit des Auftretens von EOTRH bei den verschiedenen Pferderassen. Laut Hörensagen tritt die Krankheit in den USA vermehrt bei Voll- und Warmblutpferden auf. In Europa wird eher davon ausgegangen, dass Ponys – insbesondere Isländer – häufiger an der equinen odontoklastischen Zahnresorption und Hyperzementose erkranken.
Falls du bei deinem Pferd Anzeichen gefunden hast, die für EOTRH sprechen könnten, solltest du möglichst bald einen Termin mit deinem Tierarzt vereinbaren. Nicht alle Reiter wissen, dass man mindestens ein Mal jährlich Zähne und Maulhöhle vom Pferdezahnarzt untersuchen lassen sollte. Viele betroffene Tiere leiden still unter Zahnschmerzen. Durch eine rechtzeitige Untersuchung kannst du das deinem Pferd ersparen.
Wenn wir schon beim „Ersparen“ sind: Das jährliche „Zähne machen lassen“ ist mit etwa 200 bis 250 € wesentlich kostengünstiger als eine Zahn OP beim Pferd. Laut Angaben einer Pferdekrankenversicherung liegen die Kosten für eine Zahnextraktion bei einem Pferd mit EOTRH zwischen 1.000 und 5.000 €. Die durchschnittlichen Kosten für eine Zahnentfernung bei Pferden liegen bei etwa 2.400 €. Hinzu kommt, dass häufig auch noch der gegenüberliegende Zahn gezogen werden muss, weil dieser ohne den Abrieb durch seinen Gegenspieler über die Kauflächen hinaus nach unten wächst.
Viele der weiter oben geschilderten Symptome können bei anderen Erkrankungen wie Karies, Zahnfrakturen oder den sogenannten „Zahnhaken“ auftreten. Auch der Einbiss, der sich bei älteren Pferden für eine Weile an den Eckzähnen bildet, kann unter Umständen scharfkantig sein und Zunge oder Lippen verletzen. Das kann Probleme beim Auftrensen und beim Reiten zur Folge haben.
Parodontale Zahntaschen können sogar schon bei jüngeren Pferden auftreten, weshalb ein guter Pferdetierarzt die Maulhöhle auch immer noch einmal mit einem Spiegel untersucht. Besondere Leitsymptome für eine bereits fortgeschrittene equine odontoklastische Zahnresorption und Hyperzementose sind punktförmige Einblutungen im Zahnfleisch, Fisteln sowie verdicktes und/oder gerötetes Zahnfleisch rund um die betroffenen Zahnhälse.
Zahnschmerzen kommen bei Pferden häufiger vor, als gemeinhin angenommen wird. In einer Studie aus dem Jahr 2017 wurden bei 142 Pferden ab dem Alter von zehn Jahren die Schneidezähne geröntgt. Bei mehr als der Hälfte der Tiere (62 %) wurden erhebliche Zahnveränderungen festgestellt. Das deutet darauf hin, dass EOTRH beim Pferd anfänglich zumeist unerkannt bleibt, bis unübersehbare Symptome auftreten.
Ein Pferdedentist oder -zahnarzt kann aufgrund seiner Praxiserfahrung die Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis auch schon frühzeitig identifizieren. Zur Sicherung seiner Verdachtsdiagnose fertigt er Röntgenbilder an, auf denen die knollenförmige Zahnzementablagerungen in den Zahnfächern gut als weiße Flächen zu erkennen sind. In Auflösung begriffene Zahnsubstanz zeigt sich hingegen als dunkler Bereich.
Im Anfangsstadium der Erkrankung sollten Zähne und Zahnfächer immer wieder in zeitnahen Abständen kontrolliert werden, um festzustellen, ob die jeweilige Therapie gute Resultate zeigt. In den meisten Fällen versuchen Tierärzte durch medikamentöse Behandlungen mit Glucocorticoiden (Kortison) oder Antibiotika zu erreichen, dass die degenerativen Prozesse der EOTRH beim Pferd zum Stillstand kommen. Zusätzlich empfehlen sie oft regelmäßige Spülungen mit Chlorhexidin zur Desinfektion der Maulhöhle.
Zudem werden häufig beim sedierten Pferd die Schneidezähne abgeschliffen, um sie zu verkürzen und so eine Druckentlastung zu erreichen. Da die equine odontoklastische Zahnresorption und Hyperzementose allerdings nur selten frühzeitig diagnostiziert wird, ist oft eine Zahnextraktion unumgänglich, um dem Pferd weitere Schmerzen zu ersparen und den Entzündungsherd zu eliminieren. In einem extrem vorangeschrittenen Stadium der Erkrankung bleibt oft keine andere Wahl mehr übrig, als das komplette Schneidezahngebiss in einer Pferdeklinik entfernen zu lassen.
Bei der Extraktion sämtlicher Schneidezähne kann es vorkommen, dass anschließend die Zunge etwas aus den Lippen hervorsteht. Damit gehen aber keine gesundheitlichen Probleme für die betroffenen Pferde einher. Sie können auch weiterhin (selbst mit Gebiss) geritten werden. Auch wenn die Pferde ohne Schneidezähne nur eingeschränkt weiden oder Raufutter fressen können, geht es ihnen bei einer entsprechend angepassten Ernährung nach einer Zahn OP wesentlich besser als vorher.
Die Fütterung von Heilpilzen soll einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis haben. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass die Pilze nicht im Freien angebaut werden. Freilandpilze absorbieren besonders viele Giftstoffe und radioaktive Strahlung.
Außerdem solltest du bei Heilpilzen in jedem Fall Bio-Qualität aus deutschem Anbau bevorzugen.
Hier die wirkungsvollsten Heilpilze für EOTRH beim Pferd:
Vorsicht: Pilzmischungen sind oft Mogelpackungen, bei denen auch Pilze ohne therapeutische Eigenschaften (wie beispielsweise der Buchenpilz) als Füllstoffe verwendet werden.
Einige Fachspezialisten vermuten, dass Fütterung von Silage (sogenannter „Heulage“) die Entwicklung einer equinen odontoklastischen Zahnresorption und Hyperzementose begünstigen kann.
Bei Risikopferden wie Isländern macht es unter Umständen Sinn, auf die Fütterung von Heulage zu verzichten. Ansonsten kannst du durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen sicherstellen, dass diese Zahnerkrankung so früh wie möglich entdeckt und behandelt wird.
EOTRH ist zwar unheilbar, kann aber im Frühstadium gut konservativ behandelt werden. In fortgeschrittenem Stadium kann eine Zahn OP in einer Pferdeklinik notwendig werden. Lass deshalb dein Pferd jedes Jahr vorsorglich von einem Fachspezialisten für Pferdezähne untersuchen.
Quellenangaben
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7008772/
https://midwestvetdental.com/equine-dentistry/eotrh-syndrome/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4502855/
https://beva.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/evj.12406
https://www.tieraerzteverlag.at/vetjournal/pferde-zahnbehandlung
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