Erstveröffentlichung am 21.02.2023 - Jedes Frühjahr kommen viele Pferde beim Anweiden nach einem Aufenthalt auf der Wiese mit verkleckerter Hinterhand zurück in den Stall. Kein Mensch kann das brauchen, aber es passiert immer wieder. Pferde haben ein sehr empfindliches Verdauungssystem und selbst die langsame Umstellung von Raufutter auf Saftfutter wird nicht von jedem Tier gleich gut vertragen.
Deshalb brauchst du dir keine Sorgen zu machen: Nach ein paar Tagen hat sich das Mikrobiom im Darm deines Pferdes auf das neue Futterangebot eingestellt. Es gibt aber auch krankheitsbedingten Durchfall bei Pferden, der unter Umständen sogar lebensbedrohlich sein kann.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Normale Pferdeäpfel sind gut ausgeformt und haben, je nach Futterangebot, einen mehr oder weniger hohen Faseranteil. Bei Pferden spricht man von Durchfall (Diarrhö), wenn der Wasseranteil im Kot erhöht ist.
Eine Durchfallerkrankung kann sich durch das Absetzen von breiigem Kot äußern, der am Boden wie Kuhfladen aussieht. Flüssiger Kot kann entweder unwillkürlich abgehen und an den Hinterbeinen herunterlaufen oder mit Druck aus dem After "herausgeschossen" werden. Wenn ein Pferd zwar normal geformte Pferdeäpfel produziert, aber danach einen Strahl dunkler Flüssigkeit absetzt, handelt es sich nicht um eine Diarrhö. Dieses Phänomen wird "Kotwasser" genannt.
Streng genommen ist Durchfall keine Krankheit, sondern ein Symptom für ein mikrobielles Ungleichgewicht im Pferdedarm. Eine Diarrhö kann zahlreiche unterschiedliche Ursachen haben, auf die wir in Folge noch eingehen werden.
Bei einer schweren Durchfallerkrankung können neben dem wässrigen Kot auch noch weitere Symptome auftreten.
Hier die Symptome von Durchfall auf einen Blick:
Wann spricht man von Durchfall beim Pferd? Wenn der Kot eines Pferdes über den Zeitraum von mehr als zwei Wochen zu flüssig ist, gehen Veterinärmediziner von einem chronischen Durchfall aus. Sollten sich die Durchfall-Symptome bei deinem Pferd trotz Änderungen im Futtermanagement nach fünf bis sechs Tagen nicht gebessert haben, macht es Sinn, einen Tierarzt kommen zu lassen.
Bei Pferden kann es unzählige Gründe für eine Dysbalance im Darm-Mikrobiom geben. Stress in der Herde, beim Transport oder im Training beeinträchtigt die normalen Verdauungsfunktionen. Sie werden unterdrückt, um dem Organismus mehr Energie für Kampf- oder Fluchtreaktionen zur Verfügung zu stellen. Wenn die Darmpassage des aufgeschlossenen Futters wegen mangelnder Darmbewegungen zu lange dauert, können bestimmte Bakterien und Enzyme zersetzt werden, die zur Verdauung notwendig sind.
Einige Antbiotika, Schmerzmittel wie NSAIDS (nichtsteroidale Antiphlogistika) oder Glucocorticoide (Kortisonpräparate) können ebenfalls Durchfall bei Pferden auslösen, besonders, wenn sie oral verabreicht wurden. Aber auch zu lange Fütterungsintervalle und vor allem zu viel Kraftfutter auf einmal können eine Diarrhö beim Pferd verursachen. Schlimmstenfalls kann sich aus dem bakteriellen Ungleichgewicht im Pferdedarm sogar eine Hufrehe (Laminitis) entwickeln.
Darmparasiten wie bestimmte Strongyliden (kleine Rundwürmer, vor allem Cyathostomen) schädigen die Dickdarmschleimhaut und können stark wässrige Diarrhöen verursachen, die mit viel Eiweißverlust einhergehen.
Weitere Verursacher für Durchfall beim Pferd sind bakterielle Infektionen des Dickdarms. Salmonellosen und Clostridiosen können nach Operationen unter Vollnarkose und Klinikaufenthalten ausbrechen. Clostridiosen sind zwar selten, aber akut lebensbedrohlich. Darmkrebs oder eine chronische Entzündung des Dünndarms sind ebenfalls nur selten für Diarrhöen bei Pferden verantwortlich.
WICHTIG FÜR HOBBYZÜCHTER: Durchfall bei etwa zehn Tage alten Fohlen ist völlig normal und muss nicht behandelt werden. Die Mutterstute kommt etwa um diesen Zeitpunkt in die sogenannte "Fohlenrosse". Das bedeutet, dass sie den ersten Eisprung nach ihrer Trächtigkeit hat und wieder aufnehmen kann. Durch die hormonelle Umstellung verändert sich während der Rosse die Zusammensetzung der Stutenmilch, was bei Fohlen häufig eine harmlose Diarrhö auslösen kann.
Durchfall bei Pferden bedeutet immer, dass die Futterverwertung im Blinddarm und/oder im Dickdarm nicht richtig funktioniert. Pferde sind im Gegensatz zu den meisten anderen Säugetieren sogenannte "Dickdarmfermentierer", was bedeutet, dass sich die Umwandlung von Faserstoffen wie Zellulose in Energie hauptsächlich dort abspielt. Falls die mikrobielle Population des Dickdarms auf irgendeine Weise außer Balance gerät, entwickelt sich zumeist eine Diarrhö.
Wenn dein Pferd Durchfall-Symptome zeigt, solltest du als Erstes überlegen, ob sich in den letzten 48 Stunden irgendetwas in seinem Tagesablauf oder bei seiner Fütterung verändert hat. Falls das zutrifft, hast du höchstwahrscheinlich den Auslöser für die Diarrhö entdeckt und kannst entsprechend reagieren.
Wenn es keine Veränderungen gab, solltest du es aufmerksam beobachten. Falls dein Pferd zusätzlich zum Durchfall auch Symptome wie starke Mattigkeit, Fieber, Dehydration und/oder Ödeme am Bauch zeigt, solltest du den Tierarzt rufen.
Mit etwas Glück kannst du aber bei deinem Pferd den Durchfall stoppen, indem du vorerst auf Kraftfuttergaben oder Weidegang verzichtest. Sorge dafür, dass dein Patient ausreichend lauwarmes Wasser zur Verfügung hat und füttere ihm ausschließlich erstklassiges Heu. Die WHO empfiehlt Menschen mit Diarrhö eine selbst gemischte Elektrolytlösung aus Wasser, Salz und Orangensaft. Manche Pferde mit Durchfall trinken gern einen Cocktail aus einem Liter Apfelsaft, vier Litern Wasser und fünf Teelöffeln Salz.
Bei länger anhaltenden Diarrhöen oder bei auffälligen Begleitsymptomen ist es sinnvoll, einen Fachtierarzt für Pferde hinzuzuziehen. Es kann zwar in mehr als 50 Prozent der Fälle keine auslösende Ursache des Durchfall beim Pferd identifiziert werden, aber symptomatische Therapien sind häufig trotzdem erfolgreich.
Wenn dein Pferd den Eindruck vermittelt, dass es unter seiner Durchfallerkrankung leidet, solltest du den Tierarzt rufen. In ernsthaften Fällen ist es wichtig, die Behandlung schon zu beginnen, bevor der Laborbefund erstellt ist.
Der Dickdarm eines Pferdes ist ungeheuer voluminös, weshalb bei Störungen der Verdauungsfunktion dort große Mengen an Elektrolyten, Proteinen und vor allem an Flüssigkeit verlorengehen können. In bestimmten Fällen kann sich sogar eine lebensbedrohliche Sepsis (Blutvergiftung) entwickeln. Dein Tierarzt wird natürlich Blut- und Kotproben bei deinem Pferd abnehmen und analysieren lassen. Aber die Therapie sollte bei ernsthaften Fällen von Diarrhö möglichst sofort in Angriff genommen werden.
Oft ist Durchfall beim Pferd nichts als eine vorübergehende Verdauungsstörung, die nach Beseitigung eventueller Auslöser innerhalb von einem bis zwei Tagen wieder abklingt. Falls dein Pferd Durchfall beim Anweiden bekommt, solltest du die Dauer des Weidegangs reduzieren und irgendwo auf der Weide ein Heunetz mit überständigem Heu oder gutem Futterstroh anbringen. Du kannst das Futter auch einfach auf die Wiese legen, allerdings dann direkt an den Zaun. (Wenn du es mitten auf die Wiese legst, stellen sich Wallache gern darüber, um dort Urin abzusetzen.) Viele Pferde haben genügend Instinkt, um zwischendurch auf der Wiese auch von dem "Trockenfutter" zu fressen. Kraftfutter ist natürlich tabu.
Das Raufutter solltest du vor dem Füttern auf Schimmel untersuchen. Am besten schnupperst du daran, auch wenn du optisch nichts erkennen kannst. Futter, das muffig riecht, kann Durchfall und Schlimmeres verursachen.
Falls dein Pferd gerade Antibiotika, Kortison oder Schmerzmittel bekommt, solltest du deinen Tierarzt bitten, dir ein verträglicheres Medikament zu geben. Oft haben sich bei leichter Diarrhö auch Gaben von Aktivkohle oder Zeolith bewährt. Allerdings solltest du diese Absorber nicht über einen längeren Zeitraum als drei bis vier Tage geben, weil sie neben Toxinen auch nützliche Darminhalte wie z.B. Mineralstoffe an sich binden.
Wenn du den Tierarzt holen musst, wird er die Diarrhö deines Pferdes zuerst einmal rein symptomatisch behandeln. Bei Kolikschmerzen gibt er wahrscheinlich das krampflösende Mittel Buscopan oder das Schmerzmittel Flunixin. Falls dein Pferd dehydriert ist, wird er ihm per Magensonde oder Tropf Flüssigkeit zuführen. Sobald die Laborbefunde der Blut- und Kotuntersuchungen ankommen, kann er eine gezieltere Therapie einleiten. Schwere Durchfälle, die über mehrere Tage hinweg anhalten, sind oft lebensbedrohlich und müssen behandelt werden.
Manche Pferde mit Durchfall sprechen gut auf eine homöopathische Behandlung an. Es gibt aber zahlreiche verschiedene Mittel, die jeweils einem anderen Zustand zugeordnet werden.
Nux vomica wird beispielsweise bei Diarrhöen, die durch Fütterungsfehler entstanden sind, eingesetzt. Argentum nitricum kann hingegen bei stressbedingtem Durchfall wirkungsvoll sein. Am besten überlässt du die Auswahl des geeigneten Mittels einem erfahrenen Homöopathen, damit die Behandlung auch anschlägt.
Manchmal werden Bananen als Hausmittel gegen Durchfall empfohlen. Wir würden das nicht empfehlen, weil die Bakterien im Pferdedarm nicht auf die Verdauung von Bananen eingestellt sind und dein Pferd erst schrittweise daran gewöhnt werden müsste.
Greife bei leichten Diarrhöen lieber zu den guten alten Kohletabletten und verabreiche deinem Patienten die fünffache Menschendosis. Du kannst versuchen, ob dein Pferd dir die Kohle aus der Hand frisst. Wenn nicht, versteck sie in kleinen Apfelstückchen. Wir hatten eines Abends ein Pony mit Durchfall auf eine abgefressenen Weide gestellt, auf der an einer Feuerstelle Reste verbrannter Äste lagen. Am nächsten Morgen war alle Holzkohle verschwunden, und Pony war wieder fit.
Wenn du auf ein gutes Fütterungsmanagement und artgerechte Haltung achtest, ist die Wahrscheinlichkeit für Verdauungsprobleme wesentlich geringer. Sorge dafür, dass dein Pferd mindestens halbjährlich entwurmt wird. Falls du dann auch noch Stressfaktoren reduzieren kannst, sind schon die häufigsten Ursachen für Diarrhöen beim Pferd ausgeschaltet.
Durchfall beim Pferd kann, muss aber nicht unbedingt harmlos sein. Beobachte dein Pferd gut und achte auf seinen Allgemeinzustand.
Wenn du den Eindruck hast, dass es krank wirkt, solltest du besser deinen Tierarzt verständigen.
Quellenangaben
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7134835/
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0737080612002845
https://ker.com/equinews/changes-horse-manure-consistency/
https://flexikon.doccheck.com/de/Antibiotika-assoziierte_Diarrh%C3%B6_(Pferd)
https://flexikon.doccheck.com/de/Clostridiose_(Pferd) https://laboklin.com/se/laboklin-newsletters/details/article/durchfall-beim-pferd-labordiagnostik/
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