Strahlfäule beim Pferd richtig behandeln

Wie heißt es so schön? "Ohne Huf kein Pferd." Wenn die Hufe unangenehm riechen und beim Auskratzen vielleicht sogar schwarzer Brei an deinem Hufkratzer klebt, hat dein Pferd aller Wahrscheinlichkeit nach Strahlfäule. Davon merkt es zunächst einmal nichts. Du solltest aber trotzdem sofort reagieren, sobald du es bemerkst. Mach am besten gleich einen Termin mit deinem Hufschmied aus: Er wird dir sagen, wie du dazu beitragen kannst, dass die hässliche Infektion möglichst schnell wieder abklingt.

Strahlfäule, auch unter der englischen Bezeichnung "Trush" bekannt, steht für die Aufweichung (Mazeration) und bakterielle Zersetzung des Strahlhorns beim Pferd. Bei gesunden Hufen erstreckt sich der keilförmige Strahl von den Ballen in Richtung Zehe, ist breit und elastisch. Er dient dazu, dass sich der Pferdehuf beim Auffußen in seinem hinteren Drittel ausdehnen kann. Dieser Hufmechanismus kann einen Teil der beachtlichen Kräfte, die beim Auftreffen des Pferdehufs auf den Boden freigesetzt werden, abfedern. Der Strahl spielt also eine wesentliche Rolle bei der Entlastung der Gelenke beim Pferd, solange er funktionsfähig ist.

Bleibt Strahlfäule unbehandelt, entstehen Nekrosen: Das Horngewebe wird zerstört und zersetzt sich. Wie eine amerikanische Studie nachgewiesen hat (DOI: 10.1016/j.vetmic.2012.07.037) ist für diesen Vorgang, anders als bei der Moderhinke von Ziegen und Schafen, neben ungünstigen Haltungsbedingungen nur ein einziges Bakterium verantwortlich: Fusobacterium necrophoris. Diese anaerobe (unter Sauerstoffabschluss lebende) Bakterium kommt im Pferdedarm vor und wird massenhaft mit dem Kot ausgeschieden. Pferdeurin zersetzt sich unter anderem zu Ammoniak, einer starken Lauge, die das Hufhorn aufweichen kann. Wenn Pferdehufe viel Kontakt mit Mist und Jauche haben, finden die Bakterien in den mazerierten Gewebestrukturen Eintrittspforten wie Hornspalten und Risse. Dort können sie sich unter Sauerstoffabschluss vermehren.

Falls die Strahlfäule so stark um sich greift, dass sie die innervierte ( von Nerven durchzogene) Strahllederhaut erreicht, treten die ersten Lahmheitserscheinungen auf. Ein infizierter Strahl büßt aber auch schon vorher bis zu einem gewissen Grad seine Funktionsfähigkeit ein. Im Laufe der Erkrankung wird er im ungünstigsten Fall immer schmaler, bis schließlich ein Zwanghuf entsteht. Durch seine eingeschränkte Funktion als Stoßdämpfer können sich über einen längeren Zeitraum hinweg eventuell Sekundärerkrankungen wie Hufrollenentzündung oder Spat entwickeln.

Beim Ausmisten einer Box werden immer nur das offensichtlich nasse Stroh und die Pferdeäpfel entfernt. Anschließend wird "aufgestreut". Durch das große Gewicht auf den einzelnen Hufen wird aber der Urin aus dem "fast trockenen" Stroh, ähnlich wie bei einem Schwamm, herausgepresst. Dadurch sind die Hufe fast permanent in Kontakt mit Ammoniak, auch wenn die Box sauber aussieht.

Hinzu kommt, dass ein Boxenpferd wegen der geringen Ausmaße seines Lebensraums mehr oder weniger dazu gezwungen ist, in seinen eigenen Kot hinein zu treten. Bei kleineren Ausläufen kann hingegen der Untergrund durch die hohe Konzentration von Urin- und Kotbestandteilen seinen pH-Wert verändern. Bei einem pH-Wert von mehr als 9 entstehen nachweislich Schäden an der Hornsubstanz des Pferdehufs, die den Befall mit Fusobacterium necrophoris begünstigen.

Wenn die Hufe deines Pferds anfangen zu modern, stimmt irgendetwas mit den Haltungsbedingungen nicht. Solange du diese Ursachen nicht beseitigst, kannst du die Erkrankung nicht bekämpfen.

Als erste Maßnahme empfiehlt es sich daher, die Hufe sorgfältig auszukratzen, den Strahl mit einer Bürste unter fließendem Wasser zu schrubben und dann nichts wie raus ins Grüne! Auf einer weitläufigen Weide werden die Inhaltsstoffe von Kot und Urin vom Regen ausgewaschen. Noch dazu treten die meisten frei laufenden Pferde nicht freiwillig in einen Haufen Pferdeäpfel, wenn sie ihm ausweichen können. Das verbietet ihnen ihr Instinkt. Er ist sogar bei Boxenpferden noch viel stärker ausgeprägt, als manche Reiter glauben.

Wenn du um die Gesundheit deines Pferdes im Freien besorgt bist, kannst du es mit einer Pferdedecke schützen, die zum jeweiligen Wetter passt. Der relativ saubere Boden auf der Wiese reinigt die Hufe deines Pferdes auf natürliche Weise und bietet dem Strahl einen Widerstand, der seine Durchblutung fördert. Sobald dein Pferd auf der Weide ist, solltest du deinen Hufspezialisten anrufen. Der Strahl deines Pferdes muss in jedem Fall ausgeschnitten werden, damit er den Bakterien weniger Angriffsfläche bietet. Bei dieser Gelegenheit wird dir dein Hufschmied / Hufpfleger auch sagen, welche Therapie gegen Strahlfäule bei deinem Pferd den größten Erfolg verspricht.

WICHTIG: Kontrolliere bei einer Infektion mit Fusobacterium necrophoris unbedingt, ob dein Pferd noch einen gültigen Impfschutz gegen Tetanus hat!

Im Initalstadium ist Strahlfäule beim Pferd allein schon wegen des Geruchs eindeutig zu erkennen. Im fortgeschrittenen Stadium besteht die Möglichkeit, die Infektion mit Hufkrebs zu verwechseln. Sollte die Erkrankung bereits soweit fortgeschritten sein, dass eine Rotation des Hufbeins stattgefunden hat, kann sie unter Umständen mit Hufrehe / Laminitis verwechselt werden.

Die Hufe deines Pferdes stinken beim Auskratzen? Dann kannst du mit 98 %iger Sicherheit davon ausgehen, dass dein Pferd Strahlfäule hat. Wenn der Strahl zudem noch eine dunkle cremeartige Substanz absondert oder mit grauen, weißen oder schwarzen "Bröseln" überzogen ist, ist die Diagnose ziemlich gesichert. Lass aber in jedem Fall einen Tierarzt oder einen Hufschmied / Hufpfleger kommen, der deinen Verdacht professionell untermauert.

Der erste Schritt der Behandlung gegen eine Infektion mit Fusobacterium necrophoris ist das Entfernen von abgestorbenem Horn und das Glätten des Strahls. Wenn dein Hufpfleger sämtliche Risse und "Taschen" entfernen kann, findet das anaerobe Bakterium keinen geeigneten Lebensraum mehr.

Bei einer fortgeschrittenen Infektion kann er eventuell nicht alle Spalten und Hohlräume entfernen, ohne die Huflederhaut zu verletzen. Dann sollte der Strahl mindestens ein Mal täglich mit einem milden Desinfektionsmittel behandelt werden. Je nach Stadium der Infektion müssen die Strahlfurchen unter Umständen tamponiert werden.

Die früher übliche Behandlung der Strahlfurchen mit Kupfersulfat oder Wasserstoffperoxid ist nicht zu empfehlen. Beide Mittel können unter Umständen Schäden an der Huflederhaut hervorrufen. Falls sich auch die Hufsohle auflöst, ist meistens neben F. Necrophorum auch noch ein Pilz an der Infektion beteiligt. Diesen wirst du wieder los, wenn du die Hufsohle mindestens fünf Tage lang mit einem Antimykotikum wie Enilconazol einpinselst.

Ein Tipp vom Hufschmied: Wenn du etwas für die Verbesserung der Hornqualität am Pferdehuf tun möchtest, pinsele Sohle und Strahl regelmäßig mit unverdünntem Essig ein. Je nach Konzentration kann Essigsäure die basischen Eigenschaften von Ammoniak neutralisieren. Außerdem kann Essig die Plättchenstruktur der Hornwände verfestigen. Hinzu kommt, dass Pilze in einem sauren Milieu nur unter Schwierigkeiten überleben können. Allerdings solltest du darauf achten, dass du den Essig nicht auf offene Wunden aufträgst, das tut weh.

Futterzusätze wie Biotin, Kieselgur oder Zink-Präparate können sich ebenfalls positiv auf die Hornqualität bei Pferden auswirken. Allerdings hilft das alles nur, wenn du mindestens ein Mal täglich die Hufe auskratzt und die Haltungsbedingungen optimierst. Bei akuten Infektionen können homöopathische Arzneimittel wie Hepar sulfuris, Mercurius solubilis oder Graphites in Potenzen von D12 oder C30 einen positiven Einfluss auf den Heilungsverlauf haben.

Halte dein Pferd so naturnah wie möglich und bewege es auch auf hartem Boden. Auf diese Weise wird der Strahl besser durchblutet und die Hornqualität seiner Hufe verbessert sich. Achte darauf, dass keine Spalten und/oder "Taschen" im Strahl vorhanden sind.

Lass alle sechs bis acht Wochen den Hufschmied / Hufpfleger kommen und kratze jeden Tag die Hufe aus. Boxen und Paddocks sollten mindestens ein Mal täglich ab- oder ausgemistet werden.

Infektionen mit Fusobacterium necrophoris treten zumeist aufgrund von mangelhafter Stallhygiene auf. Die Behandlung dieser Infektionen ist zwar etwas zeitintensiv, sie führt aber nahezu immer zum Erfolg. Wenn du die Hygienemaßnahmen konsequent einhältst, ist die Prognose für diese Erkrankung positiv.

Quellenangaben

https://www.msdvetmanual.com/musculoskeletal-system/lameness-in-horses/thrush-in-horses

https://www.canr.msu.edu/news/thrush_in_horses https://wagwalking.com/horse/condition/thrush

https://vcahospitals.com/know-your-pet/thrush-in-horses

https://flexikon.doccheck.com/de/Strahlf%C3%A4ule_(Pferd)

https://www.americanfarriers.com/articles/819-dealing-with-thrush-and-white-line-disease

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22909990/