Du reitest und hast Spaß am Leistungssport? Dann gibt es wohl keine geeignetere Disziplin als das Vielseitigkeitsreiten, um zu zeigen, dass Du und Dein Pferd ein fantastisch aufeinander eingespieltes Team seid.
Beim Vielseitigkeitsreiten braucht Dein Pferd Ausdauer, Mut, Kondition, Leistungsbereitschaft und Vertrauen. Von Dir wird in etwa dasselbe verlangt – aber noch dazu solltest Du Dein Pferd aktiv bei der Bewältigung der einzelnen Prüfungsaufgaben unterstützen.
Wenn Du kein Kamikaze-Reiter bist und nicht unbedingt Ambitionen zum Hochleistungssport hast, ist Vielseitigkeitsreiten sogar nicht einmal so gefährlich, wie es immer behauptet wird.
Military, Eventing oder Vielseitigkeit: die Begriffe stehen für ein und dieselbe Disziplin des Reitsports.
Während sich die meisten Reiter mit Turnierambitionen auf Spezialgebiete wie Dressur, Springen oder Western Reiten konzentrieren, haben Vielseitigkeitsreiter noch höhere Ansprüche an ihr Können und an ihr Pferd. Sie möchten mit der Vielseitigkeit ihrer Fähigkeiten punkten.
Die Idee dahinter ist durchaus gutzuheißen – solange dabei nicht aus sportlichem Ehrgeiz „Pferde verheizt“ werden. So etwas hat nichts mehr mit Sport zu tun, sondern ist einfach nur Tierquälerei.
Wer sich aber an die Regeln der FN hält, kann problemlos mit seinem Pferd bei Vielseitigkeitsprüfungen starten, ohne ihm dabei zu schaden.
Früher waren gut ausgebildete Pferde unglaublich wichtig für die Schlagkraft einer Armee. Viele Lektionen der Hohen Schule stammen noch aus den Tagen, in denen ein Pferd auf Kommando den Gegner seines Reiters – beispielsweise mit einer Levade oder einer Kapriole – aktiv abwehrte.
Reiter und Pferd waren damals im Optimalfall ein präzise aufeinander eingespieltes Team. Die Pferde sollten extrem kooperativ, wendig, rittig, mutig und ausdauernd sein, die Reiter dominant und doch einfühlsam, mutig und in hervorragender körperlicher Kondition.
Um den Zustand seiner „Reiterei“ zu beurteilen, veranstaltete das Militär regelmäßig Prüfungen. Daraus entwickelte sich die reiterliche Disziplin „Military“, die heute „Vielseitigkeit“ genannt wird.
Wer sein Pferd auf Vielseitigkeitsprüfungen / Eventing / Military vorbereiten möchte, trainiert systematisch seinen Gehorsam, seine Kondition, sein Reaktions- und Springvermögen und seine Gänge (bei Dressurlektionen).
Wenn Du „nur für Dich“ die Vielseitigkeit Deines Pferdes ausbauen möchtest, reicht es aus, einfach immer wieder zwischen Dressur, Springen und Geländereiten in flottem Tempo abzuwechseln.
Dabei solltest Du aber unbedingt darauf achten, Dein Pferd nicht zu überfordern.
Lass Dir am besten von erfahrenen Vielseitigkeitsreitern erklären, wie Du eine Überforderung erkennen kannst.
Ein Vielseitigkeitsreiter sollte sich im Gelände ebenso zu Hause fühlen wie im Springparcours. Noch dazu sollte er auch in der Lage sein, sein Pferd bei Dressurprüfungen vorzustellen.
Vielseitigkeit ist also nichts für Reitanfänger: Im Gelände sind Schnelligkeit, Kondition und Know-How beim Überwinden von festen Hindernissen gefragt.
Um bei einer Dressurprüfung zu punkten, braucht es einige Jahre Reiterfahrung – ebenso wie beim Parcours-Springen. Es schadet aber nichts, wenn Einsteiger trotzdem schon einmal Erfahrungen in den drei Disziplinen sammeln. Man muss ja nicht immer gleich Turniere reiten.
Ein optimales Vielseitigkeitspferd hat harmonische Bewegungen, viel Schub aus der Hinterhand und ein gutes Springvermögen. Es sollte kräftig und gut bemuskelt, aber nicht zu massig sein.
Da es auch Parcours-Sprünge absolvieren muss, sollte es relativ groß sein – aber wiederum auch nicht zu riesig. Eine Widerristhöhe von 160 bis 170 cm passt ausgezeichnet. Wobei es durchaus auch erfolgreiche Vielseitigkeitspferde gibt, die etwas kleiner oder etwas größer waren.
Typische Rassen, die sich für den Vielseitigkeitssport eignen, sind beispielsweise Oldenburger, Bayerisches Warmblut, Hannoveraner oder KWPN (Niederländisches Warmblut).
Vielseitigkeitsprüfungen durch die FN werden streng kontrolliert, damit dabei das Tierwohl nicht gefährdet wird. Schon vor Beginn der eigentlichen Prüfung werden die Pferde an der Hand den Richtern vorgestellt. Diese beschließen dann, welche Pferde zur Prüfung zugelassen werden.
Auftakt des Triathlons ist die Dressurprüfung, in der Reiter und Pferd ihr harmonisches Zusammenspiel unter Beweis stellen.
Die zweite Teilprüfung ist normalerweise der Geländeritt mit Sprüngen über feste Hindernisse auf einer Querfeldein-Strecke / Cross-Country-Course. Danach wird der Zustand der Pferde geprüft.
Wenn sich die Puls-/Atemwerte Deines Pferdes in der vorgeschriebenen Zeit wieder normalisiert haben, kannst Du mit Deinem Pferd zum Parcoursspringen antreten.
Sieger ist das Reiter-Pferde-Team, das die wenigsten Strafpunkte kassiert.
Übrigens: Mittlerweile erstrecken sich Vielseitigkeitsprüfungen aus Tierschutzgründen oft über mehrere Tage.
Wenn Du Dein Pferd auf Vielseitigkeitsprüfungen vorbereiten möchtest, hast Du nicht mehr viel Freizeit übrig. Nach der Grundausbildung schulst Du Dein Vielseitigkeitspferd in allen drei Disziplinen des „Pferde-Triathlons“, und zwar nach einem streng einzuhaltenden Trainingsplan.
Normalerweise werden die Vielseitigkeitsreiter dabei von einem Trainer unterstützt.
Das Training ist extrem zeitaufwändig. Vielseitigkeits-Profis teilen den Job oft zwei verschiedenen Trainern zu. Am Ende des Basis-Trainings wird an der Kondition gearbeitet und das Pferd wird bei kleineren Turnieren an den Auftritt vor Publikum gewöhnt.
Profis verwenden oft – je nach Disziplin – verschiedene Sättel, Zäumungen und Outfits für den Reiter. Wenn Du gerade erst in den Vieseitigkeitssport einsteigst, bist Du aber auch mit einem einzigen Vielseitigkeitssattel gut bedient.
Wichtig: Gerade bei dieser anspruchsvollen Sportart solltest Du auf den einwandfreien Sitz Deines Sattels achten.
Er darf in keinem Fall die Schulter einengen und dadurch den Raumgriff Deines Pferdes behindern. Kontrolliere auch, ob es zwischen den beiden Sattelkissen auf ganzer Länge mindestens genügend Platz für vier nebeneinander gelegte Finger gibt.
Außerdem solltest Du darauf achten, dass Dein Sattel den Schwerpunkt des Reitergewichts gut zentriert. Lass Dich dazu am besten fachmännisch beraten.
Vielseitigkeitsreiten gilt als die gefährlichste Sportart unter den FEI-Disziplinen. Eine Studie aus Australien liefert uns jetzt belastbare Ergebnisse zu diesem Thema.
Im Zeitraum von 2002 bis 2006 kam es dort bei 1,2 von 1.000 Sprüngen zu einem Sturz.
Zu Verletzungen bei Reitern kam es nur bei 0,2 von 1.000 Sprüngen – also relativ selten.
Daten über Verletzungen beteiligter Pferde wurden allerdings nicht mit einbezogen.
Laut Studienleiter O'Brian sollte sich aber jeder Vielseitigkeitsreiter dessen bewusst sein, dass er eine riskante Sportart betreibt und deshalb sein Pferd und sich selbst optimal vorbereiten. Ausserdem solltest Du – vor allem beim Geländetraining – nicht vergessen, Reithelm und Sicherheitsweste anzulegen.
Wenn Du beweisen möchtest, dass Dein Pferd und Du unter allen Umständen ein super Team abgeben, ist Vielseitigkeitsreiten eine Top-Option. Falls Du weniger ehrgeizig bist, ist es trotzdem hilfreich, Dein Pferd in unterschiedlichen Disziplinen zu trainieren. Dabei kommt keine Langeweile auf und es werden immer wieder andere Fähigkeiten gefordert.
Hier findest Du alle Disziplinen im Überblick