Von Claudia Becker, Erstveröffentlichung am 08.12.2023 - Das Konzept für den Aktivstall gibt es erst seit dem Jahr 2000. Es handelt sich dabei um eine Art High Tech-Offenstall mit einem raffinierten Fütterungssystem. Dieses ermöglicht die Zuteilung einer individuellen Futterration.
Darüber hinaus ist das umzäunte Gelände so gestaltet, dass sich die Pferde möglichst viel bewegen, um ihre täglichen Bedürfnisse zu befriedigen. Die Tränke, die Futterstationen, der Sandplatz und die Ruhebereiche sind bewusst weit voneinander entfernt.
Um die einzelnen Stationen zu erreichen, müssen sich die Pferde viel bewegen und somit aktiv werden. Der Aktiv- beziehungsweise Bewegungsstall ist somit eine Weiterentwicklung der schon länger bekannten Offenstallhaltung.
"Bewegung ist das Urelement des Pferdes"
Der Entwicklung des Aktivstalls liegt die Idee zugrunde, das Lauftier Pferd auf eine artgerechte Weise zu beschäftigen und zu motivieren. Die vermehrte Aktivität wirkt sich positiv auf die Gelenke, Sehnen und Verdauungsorgane aus und fördert einen ausgeglichenen und zufriedenen Charakter.
Kurzum, der Aktivstall ist gut für Körper und Psyche des Pferdes und bietet auch dem Menschen enorme Vorteile. Da das Grundbedürfnis an Bewegung befriedigt ist, müssen sich die Tiere nicht unter dem Sattel austoben, sondern arbeiten in der Regel ruhiger und konzentrierter mit. Durch die vielfältigen Umweltreize reduziert sich zumeist auch die Schreckhaftigkeit, was bei vielen Pferden die Geländesicherheit verbessert.
Pferde sind Lauftiere, die sich gerne auf großzügigen Flächen bewegen. Je weitläufiger der Aktivstall, desto besser ist das für die Tiere. Es gibt Richtlinien, die für die Haltung von zwei Pferden eine Auslauffläche von 150 m² als adäquat ansehen. Für jedes weitere Pferd kommen 40 m² hinzu.
Im Bewegungsstall darf es gerne etwas mehr sein. Laut der Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten (BMELV) benötigt ein durchschnittliches Großpferd zehn bis zwölf Quadratmeter Liegefläche im Innenbereich. Je nach Aufbau und Art der Futterstation braucht hier ein Tier drei bis zehn Quadratmeter.
Die Rundwege und Eingänge müssen ausreichend breit sein, sodass zwei Pferde bequem nebeneinander vorbeilaufen können. Das ist bei etwa drei Metern der Fall.
Der Hit-Aktivstall ist in die verschiedenen Funktionsbereiche unterteilt. Es gibt Bereiche zur Futteraufnahme, einen zur Wasseraufnahme, einen Liegebereiche, Wälzplätze, Pferde-Toiletten und unter anderem Bereiche mit verschiedenen Bodenbelägen.
Um von einem Bereich zum anderen zu wechseln, müssen die Pferde viel laufen und sich ihrer Natur entsprechend bewegen. Es ist ähnlich wie bei den Wildpferden, die im Herdenverband größere Strecken zurücklegen, um ans Futter und Wasser zu gelangen.
Pferde sind unter natürlichen Umständen rund 16 Stunden am Tag mit der Futtersuche beschäftigt.
Auf diesen Erkenntnissen basiert das HIT-Aktivstall®-Konzept der Firma HIT Hinrichs Innovation + Technik GmbH. Das in Weddingstedt in Schleswig-Holstein ansässige Unternehmen gehört zu den Pionieren der Optimierung in der Pferdehaltung. Es bietet die passende Ausstattung zur Umsetzung des Bewegungsstallkonzepts und verfügt über ein umfangreiches Sortiment an Offenstall-Lösungen.
Die Funktionsbereiche sind hierbei so weit wie möglich automatisiert. Automatische Heuraufen versorgen die Pferde mit mehreren kleinen Portionen Raufutter am Tag. In der Kraftfutterstation können sich die Pferde ihre individuelle Menge an Kraftfutter über mehrere Portionen abholen. Automatische Weidetore erleichtern die Arbeit für den Menschen. Beheizte Tränken und ein befestigter Boden, der maschinell abgeäppelt werden kann, sind hier nur einige Beispiele.
Den in Gruppenhaltung lebenden Pferden steht rund um die Uhr eine ausreichend große und intelligent strukturierte Auslauffläche zur Verfügung. Die Tiere profitieren vom ständigen Sozialkontakt und haben dennoch genug Platz, um einander auszuweichen.
Die einzelnen Funktionsbereiche sind räumlich voneinander getrennt. In einem HIT-Aktivstall® gibt es unteranderem einen Ruheraum mit Liegebereich, einen Wälz- und Spielbereich, mindestens eine Tränke, einen „Marktplatz“ mit Raufutterstation, eine Abrufstation für Mineral- und Kraftfutter sowie Laufwege mit abwechslungsreichem Bodenbelag.
Raumteiler wie Steinwälle, grüne Inseln, Sträucher und Baumstämme unterteilen den Auslauf in geschützte Parzellen, die vor allem rangniedrigen Pferden Vorteile bieten. Die Herde verteilt sich über das ganze Areal, sodass sich ranghohe- und niedrige Pferde in Ruhe aus dem Weg gehen könnten.
Zu den Kernstücken des Aktivstalls gehört der Trail. Dabei handelt es sich um einen abwechslungsreich gestalteten Laufweg. Der Pferdehalter darf hier gerne kreativ sein und den Abenteuerspielplatz für seine Tiere frei gestalten.
Auf dem Rundweg sorgen Hindernisse wie Steinlabyrinthe oder kleine Wasserläufe für Spannung. Pferdetreppen und Wippen sind ebenfalls beliebt. Auch der Bodenbelag darf gerne wechseln, mal hart und mal weich sein, sodass sich die Pferdehufe an unterschiedliche Untergründe anpassen, was wiederum die Trittsicherheit beim Geländereiten erhöht.
Das Konzept des Paddock-Trails basiert auf der über 20-jährigen Forschungsarbeit des Amerikaners Jaime Jackson. Der Hufschmied beobachtete das Verhalten der Wildpferde in Nordamerika und entwarf daraufhin eine Haltungsform, die den natürlichen Bedürfnissen am ehesten entspricht.
Wildpferden steht ein riesiges Territorium zur freien Bewegung zur Verfügung. Das ist in der Hauspferdehaltung anders. Die Idee hinter dem Paddock-Trail ist, das vorhandene Platzangebot so zu gestalten, dass möglichst lange Laufwege entstehen. Diese führen zumeist im Kreis oder in einer anderen geometrischen Form herum. Ausweichwege, Abkürzungen, Schleifen und dergleichen sind zur Auflockerung erwünscht.
Auch Jackson propagierte eine Haltungsform, in der Fress- und Wasserplätze weit voneinander entfernt liegen, um die Tiere entsprechend zu aktivieren.
Eine weitere Besonderheit ist das individuell auf jedes Pferd abgestimmte Fütterungskonzept. Im Aktivstall findet hierfür modernste Computertechnik Verwendung. Die Fütterung ist transpondergesteuert. Jedes Pferd trägt einen Chip bei sich. Dieser ist entweder direkt unter der Haut implantiert oder idealerweise an einem Halsband, am Halfter oder an der Mähne angebracht. Bei manchen Systemen besteht auch die Möglichkeit zur Befestigung am Bein.
Der Transponder enthält alle Futterdaten für das jeweilige Pferd. Die Computertechnik der Futterstation erkennt das Pferd und gibt exakt die für dieses Tier bestimmte Menge zur programmierten Zeit frei. Es gibt Futterstationen für Heu, Kraft- und Mineralfutter.
Das Gute an diesem Konzept ist die häufige Fütterung kleiner Portionen. Die Abstände zwischen den Mahlzeiten verringern sich, was wiederum den natürlichen Bedürfnissen des Pferdes entspricht. Die kurzen Intervalle wirken sich positiv auf die Verdauung aus, denn die Fresspausen sollten beim Pferd nie länger als vier Stunden betragen.
Pferde haben einen aufwändigen Verdauungsapppart, der die Aufnahme von kleinen Portionen, die aber mehrfach am Tag aufgenommen werden, verarbeiten kann. Dieses Verdauungssystem wird durch eine automatische Fütterung gestützt und beugt beispielsweise Koliken vor.
Eine genaue Preisangabe ist schwierig, denn die Kosten hängen von der Art und Qualität der Ausstattung, von der Größe und vom jeweiligen Anbieter ab. Zudem liegt jedem Bewegungsstall eine individuelle Planung zugrunde. Darüber hinaus spielen auch die persönlichen Ansprüche und Ausstattungswünsche eine Rolle.
Es gibt beispielsweise teure und billigere Paddockplatten sowie Baumaterial in verschiedenen Preisklassen. Außerdem erledigen viele Stallbesitzer viele Arbeiten in Eigenregie und sparen somit ordentlich Geld.
Die ungefähren Nettopreise pro Pferdeplatz liegen insgesamt bei etwa 16 500 Euro. Auf die Anschaffung der Geräte und Maschinen entfallen etwa 2000 Euro pro Pferd. Das Mistlager schlägt noch einmal mit rund 1000 Euro zu Buche. Dazu kommen die Zaunanlage mit anteilig 600 Euro und die Tränke mit 200 Euro.
Die automatisierte Fütterungsanlage kostet etwa 4000 Euro pro Einstellplatz, die Bodenbefestigung ebenfalls etwa 4000 Euro und die Pferdetoilette 150 Euro. Für den Bau der Integrationsboxen sind anteilig rund 350 Euro pro Pferd fällig. Die Liegehalle gehört mit 4000 Euro ebenfalls zu den teureren Posten.
Je nach Ausgangssituation kommt noch das Grundstück selbst dazu, das dementsprechend weitläufig sein muss, um den Pferden den gewünschten Bewegungsanreiz zu bieten.
In der Berechnung nicht berücksichtigt sind außerdem die Kosten für Elektro- und Sanitärinstallationen sowie Arbeiten, die das Gelände für den Bau des Aktivstalls vorbereiten. In manchen Fällen ist beispielsweise eine Begradigung oder Aufschüttung der Fläche erforderlich.
Auch die Beschaffenheit des Bodens beeinflusst die Kosten, denn es macht preislich einen Unterschied, wie der Unterbau aufgebaut sein muss. Zusätzliche Kranken- und Quarantäneboxen, besondere Zäune, funktionelle Schleusen, Scheuerbürsten und weitere Extras kosten ebenfalls Geld.
Auch das ist von Stall zu Stall verschieden. In Stadtnähe sowie in prädestinierter Lage sind die Kosten in der Regel höher als auf dem Land. Zudem spielt die Gesamtausstattung eine große Rolle.
Es gibt Aktivställe mit Reithalle, Führanlage, Springplatz, Solarium und allen Annehmlichkeiten, die eine moderne Reitanlage zu bieten hat. Ein Einstellplatz kostet hier deutlich mehr als in einem ländlich gelegenen Aktivstall ohne zusätzliches Equipment.
Aufgrund der höheren Baukosten und der integrierten Computertechnik sind Aktivställe in der Regel etwas teurer als ein herkömmlicher Offenstall. Die Pensionspreise liegen je nach Region bei etwa 300 bis über 1000 Euro im Monat.
Ein Aktivstall bietet die Chance, Pferde artgerecht und individuell zu betreuen. Die Tiere leben im Herdenverband und erhalten eine ihren speziellen Bedürfnissen angepasste Ernährung. Mehrere auf den Tag verteilte Futterrationen fördern eine gesunde Verdauung.
Darüber hinaus erhalten die Pferde durch die abwechslungsreich gestalteten Trails einen starken Bewegungsanreiz. Die vielfältigen Umwelteinflüsse fördern ein ausgeglichenes Temperament und einen zufriedenen Charakter, sodass sich viele Bewegungsstall-Pferde auch unter dem Sattel ruhiger zeigen.
Welche Arten der Haltungsformen es gibt und was es kostet, verraten wir hier.