Reiskleie und vor allem das Reiskeimöl werden in der Pferdefütterung recht häufig zur Energielieferung und für das Muskelwachstum eingesetzt. Viele Pferdebesitzer stellen sich jedoch die Frage: Was ist Reiskleie bzw. Reiskeimöl eigentlich und wann ist es das richtige Futtermittel für mein Pferd? Dem gehen wir im folgenden Text auf den Grund und beschäftigen uns auch damit, ob Reiskleie und Reiskeimöl wirklich so gut für den Muskelaufbau sind und was die beiden Futtermittel sonst an Vorteilen bringen.
Kleie fällt als Nebenprodukt des Mahlvorgangs von Getreide an. Da in der Kleie vor allem die äußeren Schichten des Getreidekorns enthalten sind, kommt man auf einen Rohfasergehalt von 10 bis 15 %. Es gibt verschiedenste Kleien, wobei die Weizenkleie in der Pferdefütterung mit Abstand am bekanntesten ist und am häufigsten eingesetzt wird. Weizenkleie wird sehr gerne gefressen und bietet gewisse diätetische Vorteile, da sie leicht abführend wirkt.
Bei großen Kleiemengen in der Ration besteht jedoch die Gefahr eines unausgeglichenen Kalzium-Phosphor-Verhältnisses. Außerdem nehmen Kleien leicht Feuchtigkeit auf und können relativ schnell vergären. Wenn das Ausgangsgetreide mit Mykotoxinen belastet war, kann auch die Haltbarkeit der zugehörigen Kleien eingeschränkt sein.
Reiskleie entsteht als Nebenprodukt bei der Reisverarbeitung, durch das sogenannte „Schleifen“ des Reiskorns. Im Mahlvorgang ist die Kleie primär ein Abfallprodukt. Im Jahr werden weltweit 60 bis 72 Mio. Tonnen Reiskleie produziert, wobei mehr als 90 % als Futtermittel verwendet werden. Die Kleie muss jedoch auch für den Einsatz als Futtermittel kurz nach der Produktion zunächst stabilisiert werden, damit die enthaltene Lipase das enthaltene Öl nicht zu freien Fettsäuren und Glycerol umwandelt und es dadurch nicht zu einer Minderung der Qualität kommt. Auch für Pferde wird normalerweise stabilisierte Reiskleie eingesetzt. Diese stabilisierte Reiskleie enthält 12 bis 16 % Protein, 22 bis 29 % Rohfett und 1,1 bis 2,6 % des wertvollen Oryzanols, auf dessen Wirkung wir im weiteren Verlauf noch näher eingehen.
Reis wirft insgesamt knapp 5 bis 8 % Reiskleie ab. Die Kleie ist eine mehlige Substanz und enthält zusätzlich zu den äußeren Schichten des braunen Reis Teile des Reiskeims und der Hülse. Je nach Art des Mahlvorgangs unterscheiden sich die Partikelgrößen und die genaue Zusammensetzung der Reiskleie. Reiskleie enthält generell Lipide, Proteine, verschiedenste Mikronährstoffe (z.B. Oryzanol, Tocopherol, Tocotrienol, Phytosterol), einen Trypsin Inhibitor (ein Polypeptid, das das Verdauungsenzym Trypsin hemmt und den Proteinabbau einschränkt, gleichzeitig aber auch Eigenschaften besitzt, die möglicherweise den Ausbruch von Krebs verhindern/verzögern können), Lipase und Lektine. Außerdem liefert die Reiskleie hohe Mengen an Kohlenhydraten, vor allem Stärke.
Im direkten Vergleich mit anderen Kleien, besitzt Reiskleie etwas höhere Fettgehalte, ist was Rohprotein, Rohfaser und Rohasche angeht aber kaum zu unterscheiden. Reiskleie ist sehr energiereich, wobei die Proteinqualität im Vergleich mit Leguminosen schlechter ausfällt. Eine Studie über die Proteingehalte von unbehandelter und säurestabilisierter Reiskleie im Vergleich zu hitzestabilisierter Reiskleie zeigte einen niedrigeren Proteingehalt in hitzestabilisierter Kleie. Auffällig ist der hohe Phosphorgehalt in Reiskleie, sowie der hohe Gehalt an B- und E-Vitaminen, bei wenig Vitamin A und C.
Reiskleie enthält eine Vielzahl an Enzymen, wobei Lipase, Lipoxygenase und Peroxidase wirtschaftlich gesehen am relevantesten sind, da sie Lagerfähigkeit und Haltbarkeit begrenzen. Die Lipase fördert die Spaltung des Öls in der Reiskleie in Glycerin und freie Fettsäuren.
Die Ziele der Stabilisation von Reiskleie sind es, die Lipase- und Lipoxygenase-Aktivität zu stoppen, die Öl Extraktionseffizienz steigern, die Kleie zu sterilisieren und die Farbentwicklung zu reduzieren. Eine Stabilisierung der Reiskleie kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Vor allem die chemische Stabilisation führt allerdings zu wesentlich niedrigen Gehalten des wertvollen Oryzanols.
In den letzten Jahren wurden einige Studien durchgeführt, um die antioxidativen und gesundheitsfördernden Eigenschaften (Senkung des Krebsrisikos, Senkung des Risikos für koronare Herzerkrankungen, Senkung des Cholesterinspiegels) der Reiskleie zu verifizieren.
Reiskleie ist in einer Studie mit Hamstern positiv aufgefallen, da es den Serumcholesterinspiegel gesenkt hat. Auch beim Menschen und in Studien mit Ratten und Primaten konnte diese Wirkung bewiesen werden.
Die Verwendung von stabilisierter Reiskleie in der Ration von Distanzpferden führte langfristig zu niedrigeren Blutfettwerten.
Reiskeimöl (eigentlich Reiskleieöl) wird durch eine Extraktion mit Hexan (chemische Verbindung, die zu den Alkanen/gesättigten Kohlenwasserstoffen gehört) aus den Keimlingen bzw. aus den Randschichten des Reiskorns/aus der Kleie gewonnen. Die Farbe wird als hellgelb bis goldgelb angegeben. Das Öl setzt sich aus 20 bis 42 % Linolsäure, 12 bis 18 % Palmitinsäure, 0 bis 0,4 % Palmitoleinsäure, 40 bis 50 % Ölsäure und 0 bis 1 % Linolensäure zusammen.
Das grundsätzliche Interesse an Reiskeimöl kam ursprünglich durch die Nutzung der stabilisierten Reiskleie und deren Vorteilen zu Stande. Die in Reiskeimöl enthaltenen Tocotrienole und Tocopherole, die zu den Vitamin E Verbindungen gehören, und das Oryzanol sollen diese Wirkung bedingen. Durch die Aufbereitung des Öls vor der Fütterung wird jedoch der Großteil an Gamma-Oryzanolen und Tocopherolen bereits entnommen.
Reiskeimöl besitzt im Vergleich mit anderen Ölen in der Pferdefütterung eine schlechte Verdaulichkeit sowie einen geringeren Gehalt an wertvollen Omega-3-Fettsäuren, wobei höheren Omega-3 Gehalten eine entzündungshemmende Wirkung und eine positive Wirkung auf die Muskelgesundheit nachgesagt wird. Reiskeimöl wird in der Pferdefütterung vor allem aufgrund seines Gehaltes an Gamma-Oryzonal verwendet. Gamma-Oryzonal ist nativ im Reiskorn enthalten und soll nicht nur die Muskelbildung fördern, sondern auch eine Senkung des Cholesterinspiegels und des Blutfetts bedingen. Hierzu gibt es jedoch noch keine eindeutige Studienlage, vor allem nicht im Pferdebereich.
Reiskeimöl ist trotz des enthaltenen Gamma-Oryzanols seit dem 01.01.2019 nicht mehr dopingrelevant. Grund hierfür ist die geringe Menge, die enthalten ist, und dass man in Versuchen keine eindeutige leistungsfördernde Wirkung nachweisen konnte.
Neben Oryzanol enthält das Öl noch weitere vorteilhafte Komponenten, wie zum Beispiel Tocol. Beim Tocol handelt es sich um das Grundgerüst für Vitamin E. Die Konzentration von Tocol hängt von der Stabilisierung und Lagerung der Kleie, sowie von der Extraktionsmethode des Öls ab. Das native Öl enthält knapp 93 mg/100 g Tocol, während raffiniertes Öl lediglich 50 mg/100 g enthält.
Einige Studien sowohl beim Menschen als auch im Tierbereich konnten feststellen, dass Reiskeimöl genauso effektiv beim Senken des Serumcholesterinspiegels ist wie andere Pflanzenöle, teilweise sogar noch effektiver. Grund hierfür sind die Eigenschaften des enthaltenen Oryzanols und der Tocotrienole. Oryzanol wirkt lipidsenkend und wachstumsfördernd. Tocotrienole sind in etwa so viele enthalten, wie im Palmöl. Sie haben einen positiven Einfluss auf den Cholesterinspiegel.
In einer anderen Studie führte eine 60-tägige Supplementierung von Reisöl bei leicht gearbeiteten Pferden zu niedrigeren Milchsäurewerten, weniger Kreatinkinase Aktivität (hohe Werte deuten auf Muskelschädigung her) und mehr Omega-3-Fettsäuren.
Oryzanol ist ein Antioxidans und steht im Zusammenhang mit der Verringerung des Cholesterinspiegels. Es wurde in der Vergangenheit bereits genutzt, um zu hohe Blutfettwerte zu behandeln und die Muskelmasse zu erhöhen. Oryzanol fand bereits bei der Leistungssteigerung von Kraftsportlern Verwendung. Es gibt erste Hinweise, dass Oryzanol möglicherweise die Endorphinausschüttung steigert und die Muskulatur unterstützt.
Gamma-Oryzanol ist ein ernährungsphysiologisch günstiger sekundärer Pflanzenstoff, der nicht nur in der Reiskleie, sondern auch zu 1,5 bis 3 % nativ in Reiskeimöl vorkommt. In kleineren Mengen kann Oryzanol auch in Mais und Gerste gefunden werden. Nach der Extraktion des Öls von der Reiskleie, folgt die chemische oder physikalische Raffinierung des Öls, wobei es zu einer starken Verringerung der Oryzanol Konzentration kommt.
Insgesamt braucht es noch mehr Studien zur Verdaulichkeit von Oryzanol, vor allem bei verschiedenen Tierarten mit verschiedenen Verdauungstrakten. Auch bezüglich der notwendigen Dosis und Dauer der Supplementierung gibt es keine gesicherten und konsistenten Daten. Neben dem Effekt auf das Muskelwachstum soll Oryzanol außerdem die Muskelermüdung reduzieren.
Eine Studie hat untersucht, ob die orale Aufnahme von Oryzanol einen Effekt auf die Testosteronkonzentration im Blutserum und Urin von Distanzpferden hat. Es konnte keinerlei Effekt gefunden werden, die Stichprobe war mit 6 Pferden jedoch sehr klein.
Studien im Humanbereich zeigen konträre Ergebnisse bezüglich der Wirksamkeit von Oryzanol. Aktuelle Forschung legt nah, dass der langfristige Konsum von Oryzanol Muskelschäden beim Pferd nach Belastung vermeiden könnte. Hier sind jedoch noch weitere Untersuchungen sowohl im Human- als auch
Reiskleie und Reiskeimöl dienen als konzentrierte Energiequellen mit einem hohen Fettgehalt. Die Komponenten können helfen Pferde aufzufüttern oder Sportpferde mit der nötigen Energie zu versorgen ohne große Mengen an Getreide (z.B. Hafer) füttern zu müssen. Vorwiegend werden Reiskleie und Reiskeimöl jedoch für den Muskelaufbau eingesetzt, da es bezogen auf die reine Energie- und Fettsäurenlieferung noch besser geeignete und für das Pferd besser verdauliche Kleien und Öle gibt. Der Reis liefert für den Muskelaufbau wertvolle Stoffe wie Oryzanol, Tocotrienole und Tocopherole. Durch die Stabilisierung der Reiskleie und die Raffinierung des Öls geht ein Großteil dieser Komponenten jedoch verloren. Insgesamt sind noch mehr Studien nötig, um die muskelunterstützende Wirkung und die gesundheitsfördernden Eigenschaften von stabilisierter Reiskleie und Reiskeimöl in der Pferdefütterung zu überprüfen.
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Ein Überblick über die Verwendung verschiedener Pferdefutterarten, Fütterungszwecke und die richtige Lagerung von Pferdefutter
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